| Jennifer Evans |
| 24.01.2019 15:06 Uhr |
Im Gespräch: Apotheker Philipp Kircher aus dem Landkreis Weilheim-Schongau fühlte Gesundheitsminister Jens Spahn am Montag auf den Zahn. / Foto: Lisa Schuch
Für die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) produzierte Videoreihe #FragSpahn stellt sich der Minister regelmäßig den Fragen von unterschiedlichen Akteuren aus dem Gesundheitswesen. Am vergangenen Montag durfte Apotheker Philipp Kircher ihn löchern.
Die Einladung ins BMG verdankt Kircher seinem eigenen Engagement. Bereits Ende Oktober 2018 hatte er eine E-Mail an den Minister geschickt und ihm typische Szenarien aus der Offizin skizziert. Unter anderem ging es dabei um die persönlichen Gespräche mit Patienten und wie der Apotheker täglich bei arzneimittelbezogenen Problemen hilft. Für den Pharmazeuten kam die Einladung nach Berlin überraschend: »Eigentlich hatte ich gar nicht unbedingt mit einer Reaktion aus dem Ministerium gerechnet«, sagte er. Wichtig sei ihm nur gewesen, Spahn den Mehrwert einer Apotheke vor Ort mit Blick auf die Arzneimittelversorgung zu vermitteln.
Anschaulich schilderte Kircher dem Gesundheitsminister im direkten Gespräch zum Beispiel wie zeitintensiv es ist, einem Asthma-Patienten den korrekten Umgang mit einem Pulverinhalator beizubringen oder alternative Schlucktechniken zu kommunizieren. Dabei spiele im Alltag die non-verbale Kommunikation eine entscheidende Rolle. Ein Apotheker kann direkt auf Ängste und Zweifel der Kunden eingehen, betonte Kircher. Die telefonische Beratung durch einen Versandhändler könne dies nicht leisten. Spahn konterte, dass die Apotheke vor Ort doch genau mit diesem Dienstleistungsvorteil selbstbewusster werben könnte.
Kircher ließ nicht locker: Der Patient sei nicht sensibilisiert für die Probleme der Arzneimitteltherapie, entgegnete er dem Minister. Zudem sei eine engmaschige Betreuung übers Telefon praktisch unmöglich. Ob der Kunde den persönlichen Kontakt in der Offizin will oder lieber telefoniert, soll in Spahns Augen allein der Patient entscheiden. Das sei weder Aufgabe der Politik noch der Apothekerschaft, sagte er.
Kircher sprach den Minister außerdem auf die Schieflage im Apothekenmarkt an. Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2016 sind deutsche Apotheken im Nachteil, weil sie sich an die hierzulande geltende Preisbindung halten müssen. Für Arzneimittelversender mit Sitz im EU-Ausland gilt die Preisbindung für Rx-Medikamente seitdem nicht mehr. Spahn machte deutlich, dass sein Ziel bleibt, »den Wilden Westen« im Apothekenmarkt zu beenden sowie »gleichlange Spieße« und »faire Rahmenbedingungen« zu schaffen. Eine neue rechtssichere Regelung kann sich Spahn demnach auch für Botendienste vorstellen. Zusammen mit der Beratungsleistung und dem E-Rezept wird das Angebot der Apotheke vor Ort nach Auffassung des Ministers in Zukunft unschlagbar sein.