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Barmer-Arzneimittelreport

Apotheker sollen Versorgung sicherer machen

Insbesondere Patienten, die fünf oder mehr Arzneimittel einnehmen, sind bei der Krankenhausaufnahme und -entlassung gefährdet, weil oft Informationen zu ihrer medizinischen Vorgeschichte fehlen. Das Ausmaß solcher Informationsdefizite zwischen den Sektoren beleuchtet der neue Arzneimittelreport der Barmer. Um das Problem zu lösen, soll den Apothekern künftig eine entscheidende Rolle zukommen.
Jennifer Evans
13.08.2020  14:32 Uhr

Fehlen dem Klinikarzt bei Aufnahme oder Entlassung eines Patienten Auskünfte zur Krankheitsgeschichte, können anschließende Behandlungsfehler im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein. Eigentlich soll der Bundeseinheitliche Medikationsplan (BMP) solche Informationsverluste vermeiden. Gesetzlich Versicherte, die dauerhaft drei oder mehr Rx-Medikamente einnehmen, haben seit Oktober 2016 Anspruch auf einen solchen Plan.

Doch laut Barmer-Report hatten bei der Klinikaufnahme nur 29 Prozent der Patienten, die 65 Jahre oder älter waren, eine solche Aufstellung ihrer Medikamente vorliegen. 17 Prozent der rund 3000 befragten Polypharmazie-Patienten, die bei der Krankenkasse versichert sind, gaben an, überhaupt keinen BMP zu besitzen. Vorhandene Pläne seien zudem häufig unvollständig ausgefüllt, hebt Barmer-Chef Christoph Straub hervor. Ihm ist unverständlich, dass »die Aufnahme in ein Krankenhaus als millionenfacher Prozess so fehleranfällig ist«.

Bei der Weitergabe behandlungsrelevanter Daten hakt es in allen Bereichen. Wie aus dem Report hervorgeht, wird etwa ein Arzneimittel-Therapiewechsel in der Klinik oft nur bruchstückhaft dokumentiert und der Medikationsplan nicht aktualisiert. Das sagten 30 Prozent der Befragten bei der Umfrage der Kasse. Auch der Informationsfluss von der Klinik zum Allgemeinmediziner stockt: 40 Prozent der 150 befragten Hausärzte bestätigten das.

Zur Einordung: Fast 484.000 Menschen erhalten laut Analysedaten der Barmer nach ihrer Entlassung aus der Klinik mindestens ein neues Arzneimittel. Eine lückenlose Dokumentation sei besonders für Polypharmazie-Patienten wichtig, hebt Professor Daniel Grandt, Chefarzt am Klinikum Saarbrücken, hervor. »Von einer modernen sektorenübergreifenden Versorgung ist unser Gesundheitswesen meilenweit entfernt«, kritisiert er die aktuelle Situation.

Lösung soll das Projekt TOP bringen

Um den Informationsaustauch einer sektorenübergreifenden Behandlung zu verbessern und Risiken für die Patienten zu minimieren, kommen nun die Apotheker ins Spiel. Ab Oktober startet die Barmer mit ihrem Projekt TOP, was für Transsektorale Optimierung der Patientensicherheit steht. Es ist auf vier Jahre angelegt und mit Mitteln aus dem Innovationsfonds gefördert. Der Fonds unterstützt Vorhaben, die neue Wege in der Versorgung beschreiten.

Ziel von TOP ist es, allen behandelnden Ärzten Informationen aus Krankenkassendaten wie etwa zu Vorerkrankungen sowie eine Liste aller verordneten Arzneimittel zur Verfügung zu stellen. Voraussetzung ist: Der Patient ist einverstanden. Er kann dann seinen Medikationsplan sowie Hinweise zu möglichen Wechsel- und Nebenwirkungen über eine App selbst abrufen. Die Datenübermittlung erfolgt Straub zufolge nach Standards der Telematik-Infrastruktur (TI).

Auch eine engere Verzahnung von Arzt und Apotheker im Krankenhaus ist vorgesehen. Die Klinik soll dann den Medikationsplan vervollständigen oder erstellen sowie dem Patienten die Therapie erklären. Insgesamt sollen Polypharmazie-Patienten eine bessere erkrankungsbezogene Gesundheitskompetenz entwickeln, um unter anderem die Adhärenz bei der Arznemitteltherapie zu erhöhen. »Das Projekt hat das Potenzial, die Risiken sektorenübergreifender Behandlung in der Routineversorgung zu minimieren«, betonte Straub.

Patienten wünschen sich mehr Struktur

Ein solches Projekt ist in den Augen des Barmer-Chefs längst überfällig, weil das Problem »bereits seit Jahrzehnten bekannt ist« und es sich in diesem Bereich um oft »leicht zu beherrschende Qualitätsmängel« handelt. Längst sei bekannt, dass elektronische Unterstützung die Medikationsfehlerrate reduzieren könne und auch arztunterstützende Apotheker im Krankenhaus dem Patienten vom großem Nutzen seien. Doch diese Erkenntnisse seien bislang nicht richtig in der Routineversorgung berücksichtigt worden, bemängelt er. Als einen Grund nennt er, dass es hierzulande bisher »kein durchgängiges digitales System« gab. Das wird sich in seinen Augen mit der TI bald ändern.

Auch seitens der Patienten ist der Bedarf nach mehr Struktur groß. 80 Prozent von ihnen wünschen sich der Barmer-Erhebung zufolge mehr Unterstützung rund um den Übergang vom ambulanten zum stationären Sektor.

An TOP beteiligt sind der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), die Apothekerkammern Westfalen-Lippe und Niedersachsen sowie der Apothekerverband Westfalen-Lippe, mehrere kassenärztliche Vereinigungen, das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI), die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) sowie medizinisch-wissenschaftliche und pharmazeutische Fachgesellschaften.

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