Apotheker sehen sich bei Cannabis im Konflikt |
Daniela Hüttemann |
16.09.2022 11:30 Uhr |
Viele Apotheker wollen kein Cannabis zu Genusszwecken abgeben. Dies wurde beim Deutschen Apothekertag erneut deutlich. / Foto: Adobe Stock/H_Ko
Auf der einen Seite steht der Gesundheitsschutz: Apotheken sind flächendeckend vertreten. Sie befinden sich bereits in einem hoch reguliertem Umfeld, stehen für Qualität und könnten fundiert auch zu Cannabis und seinen Gefahren beraten. Rein ökonomisch betrachtet, würde sich wohl sogar ein Vorteil ergeben.
Allerdings wollen viele Apotheken eigentlich gar kein Genuss-Cannabis abgeben und wenn, dann vor allem nicht mit anderen, eindeutig kommerziellen Abgabestellen in Konkurrenz treten, kristallisierte sich erneut beim Deutschen Apothekertag in München heraus. Dort wurde ein Antrag des Apothekerverbands Nordrheins »Abgabe von Cannabis nur durch Apotheken« diskutiert. Ursprünglich hieß es dort: »Cannabis darf (Anmerkung der Redaktion: im Fall der Legalisierung) nur kontrolliert und ausschließlich in heilberuflicher Verantwortung über Apotheken abgegeben werden.«
Grundsätzlich aber können Apotheker als Heilberufler von schädlichen Genussmitteln nur abraten. »Viele Kollegen wollen kein Cannabis zu Genusszwecken abgeben«, machte Sven Lobeda von der Apothekerkammer Sachsen deutlich. Viele sprachen sich gegen einen Kontrahierungszwang aus, der möglicherweise kommen könnte, wenn nur Apotheken Cannabis abgeben dürfen.
Stefan Fink, Erster Vorsitzender des Apothekerverbands Thüringen, gab zu Bedenken, dass die Apotheken als offizielle »Dealer« dadurch auch ein großes Image-Problem bekommen könnten. Dr. Martin Braun, Präsident der Apothekerkammer Baden-Württemberg, fürchtete, dass es ohne Preisbindung und in Konkurrenz zu lizenzierten Shops zu unseriösen Angeboten wie »Happy Hours« kommen könnte. Lobeda warnte zudem vor weiteren Regularien wie Präqualifizierungsmaßnahmen.
»Wenn die Legalisierung kommt, ist das eine Entscheidung der Gesellschaft, Cannabis wie Alkohol und Tabak freizugeben«, so Thomas Christmann, Vizepräsident der Apothekerkammer Rheinland-Pfalz. »Dann sollten wir als Heilberuf nichts damit zu tun haben – lasst das andere machen. Der Staat hat eine hier genau wie bei Alkohol und Zigaretten eine Fürsorgepflicht, das ist nicht unsere Baustelle.«
Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) hatte sich schon im Februar eindeutig gegen die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken ausgesprochen, erinnerte deren Vorsitzender Professor Dr. Martin Schulz.
Da die Legalisierung aber bislang noch nicht umgesetzt wurde, erst vor Kurzem europarechtliche Bedenken dazu aufkamen und das Vorhaben der rot-gelb-grünen Koalition damit wieder zur Debatte steht, woran Ulrich Laut, Rechtsanwalt und Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Hessen zu Bedenken gab, einigte sich die Hauptversammlung der Apothekerschaft darauf, dass es noch zu früh sei, Stellung zu den Apotheken als alleiniger Abgabestelle zu beziehen. Daher wurde der Antrag übergangen.
Lobeda aus Thüringen verwies auch auf einen weiteren Konflikt, wenn neben Patienten mit Medizinal-Cannabis auch Konsumenten bedient werden sollen. Er stellte einen Adhoc-Antrag, die Versorgung von Patienten mit Cannabinoid-Therapie inklusive GKV-Kostenübernahme im Rahmen einer möglichen kompletten Legalisierung zu erhalten. Sie müsse Vorrang vor Freizeitkonsum haben. Auch über diesen Antrag wurde nicht abgestimmt, um die weitere Entwicklung abzuwarten.
Margit Schlenk, Delegierte der Apothekerkammer Bayern, hatte gemäß Rednerliste das letzte Wort. Sie meinte: »Es steht uns gut an, eine Aussage zu Cannabis zu treffen – wir sollten einen Schutzschirm über die Patienten spannen, die wir mit Medizinal-Cannabis versorgen.«