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Plan gegen Engpässe

Apotheker müssen frei entscheiden können

Der 5-Punkte-Plan des Bundesgesundheitsministeriums gegen Arzneimittel-Lieferengpässe ist auf ein geteiltes Echo gestoßen. Die am Dialog beteiligten Verbände wünschen sich vor allem nachhaltige Lösungen.
Anne Orth
14.09.2023  17:45 Uhr

Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) will vermeiden, dass wichtige Arzneimittel für Kinder in diesem Jahr wieder so knapp werden wie im vergangenen Herbst und Winter. Aus diesem Grund hatte er das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bereits angewiesen, eine »Dringlichkeitsliste« mit besonders wichtigen Kinderarzneimitteln zu erstellen.

Heute präsentierte Lauterbach einen 5-Punkte-Plan gegen Lieferengpässe. Demnach soll der Austausch von Kinderarzneimitteln der Dringlichkeitsliste ausgeweitet und weiter erleichtert werden. Für die Herstellung von Rezepturen und für den Austausch der Darreichungsform wird bei diesen Arzneimitteln eine Retaxation ausgeschlossen, genauso wie eine Beanstandung in Wirtschaftlichkeitsprüfungen für die Ärzteschaft. Zudem sollen Festbeträge bei den dringlichen Kinderarzneimitteln weiter ausgesetzt sowie Rabattverträge ausgeschlossen werden. Die gesetzliche Änderung soll im Pflegestudiumsstärkungsgesetz (PflStudStG) untergebracht werden, das sich schon im parlamentarischen Verfahren befindet.

Die ABDA begrüßte Lauterbachs 5-Punkte-Plan grundsätzlich. In den vergangenen Tagen habe die Bundesvereinigung gemeinsam mit den Ärztinnen und Ärzten und dem Minister über die Verbesserung der Lieferengpass-Situation gesprochen, informierte Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. »Apothekerinnen und Apotheker stehen bereit, die Versorgung unserer kleinsten Patientinnen und Patienten in Kooperation mit den Kinderärzten zu verbessern«, sagte sie. Die Teams fänden Lösugen, wo eigentlich keine Lösungen mehr denkbar seien. Um flexibel auf Lieferengpässe reagieren zu können, bräuchten Apothekenteams maximale Entscheidungsfreiräume. Zugleich müsse sichergestellt sein, dass sie diese Freiheiten einsetzen könnten, ohne Angst vor Retaxationen haben zu müssen. Dies habe sie in den vergangenen Monaten im Ministerium deutlich gemacht. »Ich freue mich sehr, dass das Ministerium nun endlich erkannt hat, dass man mit der Expertise unserer Teams die Versorgung verbessern kann, und dass unsere Forderungen – Entscheidungskompetenz für Rezeptur und Darreichungsform bei garantiertem Schutz vor Retaxationen – nun kurzfristig umgesetzt werden«, sagte Overwiening. Sie betonte, dass sie den Minister auch auf die »wichtigste Forderung, die Anpassung des Apothekenhonorars«, angesprochen habe.

Die ABDA-Präsidentin wiederholte die Forderungen der Apothekerschaft in einem Video-Statement. Darin fasste sie auch noch einmal die Ergebnisse des Spitzengesprächs zum Thema Kinderarzneimittel zusammen.

Ullmann: ALBVVG braucht Zeit für volle Wirkung

Professor Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, begrüßte ebenfalls die Ergebnisse des Gesprächs zu möglichen Engpässen bei der Versorgung mit Kinderarzneimitteln. »Es ist die Folge einer über Jahre verfehlten Politik, dass wir jetzt die Bürgerinnen und Bürger zur Vernunft mahnen müssen, wenn der Bundesgesundheitsminister darum bittet, keine Hamsterkäufe bei Kinderarzneimitteln zu tätigen. Das ist für ein Land mit unseren Gesundheitsstandards unwürdig«, so Ullmann. Das jüngst verabschiedete Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) bezeichnete er als richtigen, wenn auch späten Schritt, betonte jedoch, dass dessen volle Wirkung Zeit benötige. Einfache Erleichterungen in Apotheken und alleinige Hoffnungen auf das Wohlwollen von Unternehmen genügten jedoch nicht. »Wir brauchen dringend wirksame finanzielle Anreize für die Pharmabranche, um dem Ziel einer nachhaltigen Versorgungsicherheit nachzukommen«, forderte Ullmann.

BAH: Langfristiger Dialog nötig

Auch Pharmaverbände kritisierten, dass der 5-Punkte-Plan lediglich kurzfristig wirke, und forderten langfristige Lösungen. Nach Ansicht des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) lassen die vorgesehenen Maßnahmen grundlegende Probleme in der Arzneimittelversorgung unberücksichtigt. »Wir alle wollen, dass unsere Kinder gut durch den Winter kommen. Statt im Krisenmodus zu verharren, brauchen wir allerdings einen auf Langfristigkeit ausgerichteten Dialog zur Verbesserung der Gesamtsituation«, erklärte BAH-Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz. Zwar seien die im ALBVVG getroffenen Regelungen »ein Schritt in die richtige Richtung«. Eine grundlegende und vor allem langfristige Verbesserung der Arzneimittelversorgung könne aber weder mit dem ALBVVG noch mit dem neuen 5-Punkte-Plan erreicht werden. Um das zu erreichen, müssten Lieferketten diversifiziert und Abhängigkeiten verringert werden. »Dringend notwendig ist zudem ein angemessener Inflationsausgleich für preisregulierte Arzneimittel«, erklärte Cranz. Um den Standort Deutschland für Arzneimittel-Hersteller wieder attraktiv zu machen, sei es zudem notwendig, bürokratische Hürden abzubauen und regulatorische Erleichterungen zu schaffen.

Pro Generika fordert eine »echte Therapie«

Der Verband »Pro Generika« mahnte ebenfalls, das Problem der Lieferengpässe langfristig zu lösen. »Wir brauchen eine echte Therapie«, hieß es. Es sei nötig, Strukturen zu ändern, sonst drohten im nächsten Winter die gleichen Probleme. Das heutige Treffen könne nur ein Anfang sein. »Als akute Symptombehandlung sind einzelne Schritte hilfreich. Am Grundproblem ändern sie nichts«, kommentierte Andreas Burkhardt, Vorstandsvorsitzender von Pro Generika, den 5-Punkte-Plan. »Um mehr produzieren zu können, müssen wir dringend in den Ausbau unserer Produktionskapazitäten investieren«, so Burkhardt weiter. Dafür fehle aber derzeit die ökonomische Grundlage. Das ALBVVG werde daran nichts ändern. Es schaffe keine Anreize und berücksichtige lediglich ein Prozent der Arzneimittel. Und das, obwohl die Versorgung bei Krebs-, Diabetes- und Schmerzmitteln nicht minder fragil sei und Engpässe jetzt schon absehbar seien. »Es braucht einen konstruktiven Dialog, der zu langfristig wirkenden Maßnahmen führt«, betonte Burkhardt.

Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) forderte nachhaltige Lösungen, um Lieferengpässe bei Kinderarzneimitteln zu vermeiden. »Nach wie vor fehlen umfassende und strukturell tiefgreifende Maßnahmen. Es braucht dringend neue Preisstrukturen, mit denen in Europa produzierende Unternehmen Kosten kompensieren können, ohne dass sie parallel mit Nachteilen im internationalen Wettbewerb rechnen müssen. Bei allen Arzneimitteln der Grundversorgung muss der Preisdruck endlich fallen, insbesondere bei den versorgungskritischen«, machte BPI-Hauptgeschäftsführer Kai Jochimsen deutlich.

 

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