Apotheker können Risiko für Schlaganfall senken |
Daniela Hüttemann |
09.09.2025 12:00 Uhr |
Apotheker könnten helfen, dafür zu sorgen, dass Patienten mit Vorhofflimmern eine leitliniengerechte Therapie bekommen, um Schlaganfälle zu vermeiden. / © Getty Images/wildpixel
In das Review flossen 17 Studien aus neun Ländern mit 11.428 Teilnehmenden ein. Dabei variierte von Studie zu Studie, welche Maßnahmen die beteiligten Apotheker durchführten, zum Beispiel ein generelles Medikationsmanagement, eine Optimierung der antikoagulativen Therapie bis hin zur eigenständigen Arzneimittelverordnung. Verglichen wurde immer mit der Standardbehandlung. Aus Deutschland floss keine Studie ein, weil diese die Einschlusskriterien nicht erfüllten. Hier konnte vor einiger Zeit gezeigt werden, dass Medikationsanalysen die Sicherheit, Adhärenz und Lebensqualität von Patienten unter Antithrombose verbessern können. Es fehlte jedoch eine Vergleichsgruppe.
Die neue Metaanalyse ergab, dass das Schlaganfallrisiko in der Interventionsgruppe um 35 Prozent sank. Das Auftreten schwerer Blutungen konnte um 24 Prozent gesenkt werden. Keine Unterschiede wurden in Bezug auf thromboembolische Ereignisse, Mortalität und erstaunlicherweise auch nicht für die Adhärenz beobachtet.
Dagegen stieg die Rate einer angemessenen Verschreibung von oralen Antikoagulanzien um 36 Prozent. Zudem verbrachten mehr Patienten Zeit im therapeutischen Bereich (Time in Therapeutic Range). Dieser Begriff (TTR) bezeichnet den prozentualen Anteil der Zeit, in der sich ein gemessener Laborwert – meist der INR-Wert bei Patienten unter oraler Antikoagulation mit Warfarin oder anderen Vitamin-K-Antagonisten – innerhalb des therapeutischen Zielbereichs befindet. Dieser Wert konnte um 35 Prozent verbessert werden.
Die Ergebnisse wurden jetzt im »Canadian Pharmacists Journal« veröffentlicht. Korrespondierender Autor ist der Apotheker Professor Dr. Martin Schulz, Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin und Geschäftsführer Arzneimittel bei der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apotheker. Beteiligt waren Forschende aus Spanien, Portugal und Kanada. Erstautorin ist Professor Dr. Fernanda S. Tonin vom Pharmazeutischen Institut der Universität Granada.
»Es hat sich gezeigt, dass von Apothekern durchgeführte Interventionen bestimmte klinische Ergebnisse und Prozessergebnisse bei Vorhofflimmern verbessern«, schlussfolgert das Autorenteam. Der Ausbau von pharmazeutisch geleiteten Dienstleistungen im ambulanten wie stationären Bereich könne die Einhaltung von Leitlinien verbessern und unerwünschte Ergebnisse reduzieren. Die Evidenz wird aufgrund der Heterogenität der Studien als moderat eingestuft.
Es seien jedoch weitere hochwertige randomisierte Studien mit klar definierten Interventionen erforderlich, um die Rolle des Apothekers in der Vorhofflimmern-Behandlung noch besser zu definieren und die wirksamste Intervention in der Praxis zu ermitteln. Neben der Früherkennung und dem Medikationsmanagement sehen die Autoren auch große Chancen bei der Entwicklung von Verschreibungsmöglichkeiten durch Apotheker. Sie könnten eine Behandlung initiieren, anpassen und überwachen.
»Vorhofflimmern ist die häufigste Herz-Rhythmus-Störung und mit einem etwa fünffach erhöhten Risiko für Schlaganfall verbunden«, betont Schulz gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. »Unser Autorenteam untersuchte erstmals systematisch die Ergebnisse pharmazeutischer Interventionen bei Patienten mit Vorhofflimmern. Auch wenn weitere randomisierte Evidenz sicher wünschenswert wäre, kann aus den Ergebnissen abgeleitet werden, dass Apotheker verstärkt in die Betreuung von Patienten mit Vorhofflimmern eingebunden werden sollten.«
Schon mit den jetzigen pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) zur standardisierten Blutdruckerfassung und erweiterter Medikationsberatung bei Polymedikation können Apotheken viel Gutes tun für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen.