Apotheker an Schnittstellen |
Carolin Lang |
09.10.2023 15:05 Uhr |
Im Abschlussvortrag widmeten sich Professor Dr. Stefan Laufer und Professor Dr. Hans-Peter Lipp einer recht neuen Wirkstoffklasse, die allmählich im Versorgungsalltag ankommt: den Proteinkinase-Inhibitoren.
»Der erste Proteinkinase-Hemmer wurde 2001 in den Markt eingeführt«, blickte Laufer zurück. Imatinib brachte damals einen Durchbruch bei der Therapie der chronischen myeloischen Leukämie (CML) und habe für die Patienten »ein zweites Leben bedeutet«, so Laufer. Während die Lebenserwartung bei neu diagnostizierten Patienten zuvor auf etwa 18 bis 20 Monate beschränkt war, nähert sie sich heute jener der Allgemeinbevölkerung an. »Von den Patienten der Originalstudie, mit der Imatinib zugelassen wurde, leben heute noch 82 Prozent«, hob der Apotheker hervor.
Mittlerweile seien bereits 76 Kinase-Hemmer zugelassen und weitere 400 befänden sich in Phase III der klinischen Prüfung. Belief sich die Anwendung anfangs vor allem auf Krebserkrankungen, so weitet sich das Indikationsspektrum zunehmend aus, etwa auf chronisch entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder atopische Dermatitis. Nicht nur die Indikationen, auch die Wirkmechanismen würden »bunter«, so der Kinase-Experte. Das Feld der Proteinkinase-Inhibitoren entwickle sich »in jeglicher Beziehung weiter.« Künftig könnten sie etwa auch bei Multipler Sklerose oder Influenza zum Einsatz kommen.
Praktisch gesehen handelt es sich bei den Proteinkinase-Inhibitoren etwa im Hinblick auf Nebenwirkungen und Pharmakokinetik um keine einheitliche und somit beratungsintensive Wirkstoffklasse, machte Lipp deutlich. So empfehle es sich etwa, Imatinib zu den Mahlzeiten einzunehmen, um gastrointestinalen Nebenwirkungen vorzubeugen. Nilotinib, das ebenfalls bei CML zum Einsatz kommt, solle hingegen eine Stunde vor oder zwei Stunden nach dem Essen eingenommen werden. Denn stark fetthaltige Nahrung kann die Exposition des potenziell QT-Zeit-verlängernden Arzneistoffes stark erhöhen.
Jede Substanz habe »etwas Eigenes zu erzählen«, erklärte der Apotheker. Substanzklasseneffekte gebe es nicht, stattdessen von Substanz zu Substanz unterschiedliche Profile.