| Ev Tebroke |
| 10.12.2025 08:00 Uhr |
Der Umsatz von apothekenpflichtigen Produkten auf Amazon.de hat einer Apotheken-Studie zufolge im Jahresvergleich deutlich zugelegt. / © Imago/NurPhoto
Online-Plattformen spielen im Arzneimittelmarkt hierzulande mittlerweile eine wichtige Rolle. Im verschreibungspflichtigen Segment hat das E-Rezept diese Entwicklung forciert. Neben EU-Versendern wie Doc Morris oder Shop Apotheke mit eigenem Angebot sind auch die Vor-Ort-Apotheken über Marktplätze wie etwa gesund.de oder ihreApotheken.de im Netz digital präsent. Im OTC-Bereich hat sich der Handel zuletzt auch zunehmend auf Marktplätze wie Amazon ausgedehnt. Dies sorgt mit Blick auf die Marktmacht des Online-Händlers bei stationären Apotheken für Sorgen.
Den wachsenden Einfluss des US-Giganten im deutschen Markt der apothekenpflichtigen Produkte belegt nun auch eine ausführliche Analyse, die sogenannte »Amazon Apotheken Studie 2025« der Agentur eBazaaris. Der Dienstleister, der nach eigenen Angaben auf die Steuerung von Pharma- und OTC-Marken auf Amazon spezialisiert ist, bietet darin einen Überblick, wie sich hierzulande der Handel von Apothekenprodukten über die Plattform entwickelt. Für die Analyse der Markt- und Umsatzentwicklung wurden im Zeitraum von Januar 2024 bis Oktober 2025 fast 24.000 Produkte aus rund 3.500 Marken getrackt. Im Fokus der Studie stehen laut Anbieter ausschließlich Produkte, die nachweislich von Apotheken auf Amazon.de vertrieben werden.
Demnach ist der Apothekenumsatz auf Amazon Deutschland im Jahr 2025 gegenüber dem Vorjahr um 21 Prozent auf knapp 500 Millionen Euro gewachsen (2024: 410 Millionen Euro). Dabei entfallen 80 Prozent des Umsatzes auf lediglich 1980 Produkte, sprich weniger als 10 Prozent des analysierten Apothekensortiments.
Eine »überdurchschnittliche Dynamik« zeigen laut Studie dabei Kategorien wie Hautpflege, Vitamine und Tiergesundheit. Top-Kategorien und Top-Markenprodukte legen dabei kontinuierlich zu und dominieren die jeweiligen Marktsegmente. Neuprodukte haben es hingegen schwer, Fuß zu fassen.
»Starke Ergebnisse« gibt es laut Analysten vor allem bei Markenartikeln im Bereich Probiotika, Markenartikeln zur Behandlung von erblich bedingtem Haarausfall sowie Markenprodukte zum Zecken-/Flohschutz bei Tieren. Extreme Wachstumsraten von 2443 Prozent verzeichnen die Autoren auch bei einem Anbieter von reinem Kollagen-Pulver.
Umsatzstärkste Kategorien bleiben Hautpflege und Dermatologie mit 25 Prozent Marktanteil. Das größte Wachstum hat der Bereich Tiergesundheit zu verzeichnen, hier ist der Umsatz im Jahresvergleich um 65 Prozent gestiegen. Der durchschnittliche Umsatz pro Produkt liegt hier laut Studie bei mehr als 109.000 Euro.
Aufgrund der zunehmenden Dynamik des Amazon-OTC-Marktes bringen den Studienautoren zufolge erste etablierte Pharmahersteller auch eigene Produkte auf den Markt, die gezielt für den Marktplatz Amazon optimiert seien.
Den stationären Apotheken, die neben den großen Versendern nun auch Drogeriemärkte wie dm als Konkurrenten im OTC-Markt hinnehmen müssen, dürften die Entwicklungen auf Amazon angesichts dessen Marktmacht zusätzliche Sorgen bereiten.
Kurzfristig schien die Konkurrenz durch den Platzhirsch gebannt. Denn aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. März 2025 wurde der Verkauf von apothekenpflichtigen Medikamenten über Amazon Deutschland Ende April 2025 eingestellt. Versandapotheken hatten vorübergehend den Vertrieb gestoppt, weil der BGH einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) festgestellt hatte.
Demnach müssen Versandapotheken zunächst eine Einwilligung ihrer Kundinnen und Kunden über die Datenverarbeitung einholen, wenn sie OTC-Arzneimittel über die Plattform verkaufen möchten. Denn Bestelldaten wie Name, Lieferadresse und Informationen zur Medikation sind Gesundheitsdaten im Sinne des Datenschutzes.
Bereits einen Monat später sahen die Versender jedoch die Datenschutzhürden aus ihrer Sicht als gelöst: Amazon hat eine Checkbox eingeführt, bei der Kunden vor Abschluss des OTC-Kaufes ihre Einwilligung für die Verarbeitung ihrer Daten geben müssen. Ob dies allerdings tatsächlich ausreicht, um die Zusammenarbeit von Apotheken und Amazon zu legitimieren, könnte womöglich bald ein weiteres Verfahren klären.
In den USA agiert Amazon schon länger als Player im Gesundheitsmarkt. Zuletzt hatte Amazon Pharmacy ein Kiosksystem in Arztpraxen angekündigt, über den Patienten unmittelbar nach dem Arztbesuch eine Auswahl gängiger Medikamente beziehen sollen können.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.