Apotheken und die Herausforderung Adipositas |
Melanie Höhn |
10.07.2025 15:50 Uhr |
Christina Holzapfel, Ernährungswissenschaftlerin und Professorin für Humanernährung an der Hochschule Fulda, kritisierte, dass die Ernährung in Deutschland zu energiereich sei, zu viel Fett und Zucker enthalte und zu wenig Obst, Gemüse und Ballaststoffe. Sie forderte ein Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel, vor allem wenn es um Kinder und Jugendliche gehe. Zudem sei es wichtig, verpflichtende Lebensmittelkennzeichnungen für die Lebensmittelhersteller einzuführen. Außerdem setzt sie sich für eine Besteuerung ungesunder Lebensmittel und die Subventionierung gesunder Lebensmitteln wie Obst und Gemüse ein. Des Weiteren brauche es ein Portfolio an politischen Maßnahmen, um eine gesundheitsförderliche Ernährungsweise für alle Menschen zugänglich zu machen.
Luise Molling vom Verein Foodwatch betonte, dass es vor allem auf die richtige Ernährungsumgebung bei Kindern ankomme, denn hier werde der Anfang gesetzt. »Wir müssen die Rahmenbedingungen ändern, in denen Kinder leben«, sagte sie. Sie kritisierte fettige Snacks, ungesundes Schulessen, überzuckerte Süßgetränke oder Werbung für ungesundes Essen bereits auf dem Schulweg. Molling plädiert für einen verpflichtenden Nutri-Score, kostenloses gesundes Schulessen, Werbeschranken und eine Limonadensteuer nach britischem Vorbild. »Was es braucht, ist Mut«, ist sie überzeugt. »Es mangelt am politischen Willen, sich mit einer mächtigen Industrie anzulegen«, sagte sie.
Johannes Nießen, Leiter des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG), sprach beim Thema Adipositas von einer »Epidemie«. Er fordert, dass gesunde Lebensmittel leichter verfügbar sind. Zudem müsse gesundes Verhalten Spaß machen. Essentiell sei eine stärkere Verankerung von gesunder Ernährung in den Schulen und die Schaffung von mehr Bewegungsangeboten, die allen unabhängig vom sozialen Status zugänglich sind.
Dass es beim Thema Adipositas kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem gebe, betonte die Vorständin der mkk (meine krankenkasse) Andrea Galle. Die Empfehlungen wie eine Zuckersteuer oder Werbeverbote lägen auf dem Tisch. All das hätte auch wesentliche Effekte auf andere Volkskrankheiten. Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapien seien wesentliche Bestandteile in der Begleitung von Adipositas-Patientinnen und -patienten über einen langen Zeitraum, »ansonsten nützen auch alle anderen medikamentösen Behandlungen nichts, das verpufft«. Zur sogenannten Abnehmspritze könne sie keine Lösung präsentieren, vor allem, weil die Langzeitwirkungen dieses Medikaments nicht bekannt seien – es gehe um eine qualitätsgesicherte Versorgung betroffener Patienten und um Patientensicherheit. Bei der Veranstaltung kamen auch mehrere Betroffene zu Wort. Einheitlicher Tenor war, dass Gesundheit ein Menschenrecht ist: »Wir müssen für unsere Therapie zahlen, das kann nicht sein«, hieß es.
Der frühere Bundestagsabgeordnete und jetzigerGeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ging darauf ein, dass er die politischen Diskussionen um die Krankheit Adipositas seit 2009 erlebte und man versuchte, das Thema im Morbi-RSA abzubilden. Zudem gebe es das Disease Management Programme Adipositas. »Ich bin verhalten optimistisch, dass der Paragraf 34 SGB V strukturell verändert werden kann«, sagte er. »Wenn ich eines dem ehemaligen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zugutehalten kann, dann, dass er das Thema Prävention nach vorne gebracht hat«, so Hennrich.