Pharmazeutische Zeitung online
Politischer Austausch

Apotheken und die Herausforderung Adipositas

Welche Rolle spielen öffentliche Apotheken beim Umgang mit der Volkskrankheit Adipositas? Bei einer Veranstaltung des Wort&Bild Verlages ging es heute darum, welche Ansätze es braucht, um die Erkrankung in den Griff zu bekommen. 
Melanie Höhn
10.07.2025  15:50 Uhr

Fast jeder vierte Erwachsene in Deutschland ist adipös. Entgegen der wissenschaftlichen Evidenz werde massives Übergewicht nach wie vor als individuelles Versagen wahrgenommen und nicht als erklärbare chronische Krankheit, hieß es heute bei einem Parlamentarischen Frühstück in Berlin, zu dem der Wort & Bild Verlag eingeladen hatte.

Kernthema der Veranstaltung war der Austausch über die Volkskrankheit Adipositas als politische Herausforderung. Expertinnen und Experten aus Medizin, Forschung, Wirtschaft, Politik, Pharma, Krankenkassen und Interessenverbänden tauschten sich über Präventionsansätze, Entstigmatisierung und strukturelle Reformen aus. Dennis Ballwieser, Geschäftsführer der Wort & Bild Verlagsgruppe, betonte in seinen einführenden Worten, dass das Thema »entstigmatisiert« werden müsse. Bei der Krankheit gehe es nicht um die Schuldfrage. 

Aufklärung, Beratung und Motivation in Apotheken

Welche Rolle die Apotheken beim Thema Adipositas spielen, erläuterte die stellvertretende DAV-Vorsitzende Anke Rüdinger. »Übergewicht spielt natürlich eine riesige Rolle in den Apotheken vor Ort. Wir haben über drei Millionen Kontakte in den fast 17.000 Apotheken«, so die Fachapothekerin für Ernährungsberatung. »Wir maßen uns nicht an zu sagen, dass wir in den Apotheken dieses Problem alleine lösen können.« Es sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, nur alle zusammen könnten diese Herausforderung meistern. »Aber dazu gehört eben auch Mut.« Die Apotheken vor Ort könnten viel dazu beitragen, weil der niedrigschwellige Kontakt zu den Menschen vor Ort bestehe. »Ich denke an Aufklärung, Beratung, Ermutigung und Motivation.« 

Ihr Wunsch: Dass die hochqualifizierte Ernährungsberatung, wie sie in vielen Apotheken vor Ort angeboten wird, auch von den Krankenkassen bezuschusst wird. »Das wäre ein großer Erfolg. Vielleicht kann man auch über eine pharmazeutische Dienstleistung in diese Richtung nachdenken«, so Rüdinger. »Die Apotheken vor Ort sind bereit, auch auf diesem Gebiet mehr Verantwortung zu übernehmen.«

Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel

Christina Holzapfel, Ernährungswissenschaftlerin und Professorin für Humanernährung an der Hochschule Fulda, kritisierte, dass die Ernährung in Deutschland zu energiereich sei, zu viel Fett und Zucker enthalte und zu wenig Obst, Gemüse und Ballaststoffe. Sie forderte ein Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel, vor allem wenn es um Kinder und Jugendliche gehe. Zudem sei es wichtig, verpflichtende Lebensmittelkennzeichnungen für die Lebensmittelhersteller einzuführen. Außerdem setzt sie sich für eine Besteuerung ungesunder Lebensmittel und die Subventionierung gesunder Lebensmitteln wie Obst und Gemüse ein. Des Weiteren brauche es ein Portfolio an politischen Maßnahmen, um eine gesundheitsförderliche Ernährungsweise für alle Menschen zugänglich zu machen.

Luise Molling vom Verein Foodwatch betonte, dass es vor allem auf die richtige Ernährungsumgebung bei Kindern ankomme, denn hier werde der Anfang gesetzt. »Wir müssen die Rahmenbedingungen ändern, in denen Kinder leben«, sagte sie. Sie kritisierte fettige Snacks, ungesundes Schulessen, überzuckerte Süßgetränke oder Werbung für ungesundes Essen bereits auf dem Schulweg. Molling plädiert für einen verpflichtenden Nutri-Score, kostenloses gesundes Schulessen, Werbeschranken und eine Limonadensteuer nach britischem Vorbild. »Was es braucht, ist Mut«, ist sie überzeugt. »Es mangelt am politischen Willen, sich mit einer mächtigen Industrie anzulegen«, sagte sie. 

Begleitung von Adipositas-Patienten

Johannes Nießen, Leiter des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG), sprach beim Thema Adipositas von einer »Epidemie«. Er fordert, dass gesunde Lebensmittel leichter verfügbar sind. Zudem müsse gesundes Verhalten Spaß machen. Essentiell sei eine stärkere Verankerung von gesunder Ernährung in den Schulen und die Schaffung von mehr Bewegungsangeboten, die allen unabhängig vom sozialen Status zugänglich sind.

Dass es beim Thema Adipositas kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem gebe, betonte die Vorständin der mkk (meine krankenkasse) Andrea Galle. Die Empfehlungen wie eine Zuckersteuer oder Werbeverbote lägen auf dem Tisch. All das hätte auch wesentliche Effekte auf andere Volkskrankheiten. Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapien seien wesentliche Bestandteile in der Begleitung von Adipositas-Patientinnen und -patienten über einen langen Zeitraum, »ansonsten nützen auch alle anderen medikamentösen Behandlungen nichts, das verpufft«. Zur sogenannten Abnehmspritze könne sie keine Lösung präsentieren, vor allem, weil die Langzeitwirkungen dieses Medikaments nicht bekannt seien – es gehe um eine qualitätsgesicherte Versorgung betroffener Patienten und um Patientensicherheit. Bei der Veranstaltung kamen auch mehrere Betroffene zu Wort. Einheitlicher Tenor war, dass Gesundheit ein Menschenrecht ist: »Wir müssen für unsere Therapie zahlen, das kann nicht sein«, hieß es. 

Der frühere Bundestagsabgeordnete und jetzigerGeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ging darauf ein, dass er die politischen Diskussionen um die Krankheit Adipositas seit 2009 erlebte und man versuchte, das Thema im Morbi-RSA abzubilden. Zudem gebe es das Disease Management Programme Adipositas. »Ich bin verhalten optimistisch, dass der Paragraf 34 SGB V strukturell verändert werden kann«, sagte er. »Wenn ich eines dem ehemaligen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zugutehalten kann, dann, dass er das Thema Prävention nach vorne gebracht hat«, so Hennrich.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa