»Apotheken ohne Apotheker sind ein No-Go« |
Lukas Brockfeld |
07.03.2024 14:30 Uhr |
Andrew Ullmann sprach mit AByou über die Probleme der deutschen Apotheken. / Foto: AByou
Andrew Ullmann ist Mediziner und Professor für Infektiologie. Seit 2017 ist er Mitglied des Bundestages und seit 2022 gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Zur »AByou« Veranstaltung brachte der Liberale eine kurze Präsentation mit, bevor er sich den Fragen der Zuhörerinnen und Zuhörer stellte.
Ullmann hob in seinem Vortrag die wirtschaftliche Not vieler Apotheken hervor. Für die Politik sei eine bessere Finanzierung allerdings eine Herausforderung. Die Sozialabgaben lägen bereits bei über 40 Prozent, sodass noch höhere Abgaben keine Lösung seien. Daher brauche das deutsche Gesundheitswesen Umstrukturierungsmaßnahmen, um die verfügbaren Mittel effizienter zu nutzen.
»Es lohnt sich, auf die Big Player bei den Ausgaben zu schauen«, erklärte Ullmann. »Wir sehen die größten Ausgaben bei der stationären Versorgung, gefolgt von Arzneimitteln und den ärztlichen Behandlungen.« Gerade bei den Kliniken gäbe es großes Sparpotenzial. Etwa ein Drittel der Krankenhauspatienten könne auch ambulant behandelt werden. Als Beispiel nannte Ullmann die Teilentfernung der Brustdrüse, die bei Patientinnen mit Mammakarzinom vorgenommen wird und in Deutschland praktisch immer im Krankenhaus erfolgt. In Dänemark würde der selbe Eingriff nur in 9 Prozent der Fälle stationär durchgeführt.
Es gäbe sehr viele Krankheitsbilder, die sich deutlich günstiger ambulant behandeln ließen. So könnten etwa sieben bis zehn Milliarden Euro jährlich eingespart werden. Ein vergleichbares Sparpotenzial gäbe es auch bei der Digitalisierung. »Da ist viel Musik drin, durch Effektivitätssteigerung, durch Ambulantisierung und durch Digitalisierung«, betont der FDP-Gesundheitsexperte.
Um die finanzielle Situation der Apotheken zu verbessern, kann sich Ullmann eine Vergütungsreform vorstellen. Doch seine Ideen gehen noch weiter: »Mit Kassenapothekenvereinigungen, analog zu den Kassenärztlichen Vereinigungen, könnten die Apotheker als freier Beruf frei ihre Vergütung verhandeln«, schlägt der Liberale vor. Außerdem bräuchte es einen Abbau von Bürokratie und eine Digitalisierungsoffensive. »Karl Lauterbach schuldet mir ein Entbürokratisierungsgesetz im Gesundheitswesen. Ich habe ein entsprechendes Gesetz noch in dieser Woche angemahnt«, sagte Ullmann.
Der FDP-Gesundheitsexperte übte am Mittwochabend mehrfach Kritik an seinem Koalitionspartner. Als er nach der von Karl Lauterbach geplanten Apothekenreform gefragt wurde , sagte er: »Ich habe das Gefühl, dass die FDP die einzige Partei ist, die sich noch für die Freiberuflichkeit der Apotheken einsetzt. Apotheken ohne Apotheker sind ein No-Go!«
Auch Lauterbachs Idee der »Gesundheitskioske« überzeugt Ullmann nicht. Zur Schaffung niederschwelliger Gesundheitsangebote seien die Offizinen besser geeignet: »Die Apotheken sind fast überall in der Republik präsent, auch in prekäreren Stadtteilen. Die Apotheke als Gesundheitszentrum wäre ein sehr guter Bestandteil der geplanten Integrierten Gesundheitszentren. Vielleicht gibt es die Chance, das in die Apothekenreform zu integrieren.«