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Apothekerkammer Hamburg

Apotheken müssen sich auf Wandel einstellen

Hamburgs Kammerpräsident Holger Gnekow hat wenig Hoffnung, dass die nächste Regierung mehr Geld ins Gesundheitswesen ohne Strukturveränderungen stecken wird. Die Apotheken sollten eigene Konzepte anbieten und auf Dienstleistungen setzen.
Daniela Hüttemann
21.11.2024  10:42 Uhr

Das Ampel-Aus sei gerade noch rechtzeitig gekommen, um eine Apothekenreform mit »Apotheken ohne Apothekern« zu verhindern. »Wir können jetzt kurz durchatmen und dann geht es von vorne los«, eröffnete Kammerpräsident Holger Gnekow seinen Bericht bei der Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Hamburg am Mittwochnachmittag. Auf der anderen Seite bedeute dies nun monatelangen Stillstand, auch in der Skontofrage. »Das Schlimmste wurde abgewendet, aber die Apotheken bezahlen einen hohen Preis dafür.«

Gnekow glaubt, dass die Apotheken sich auf einen Wandel einstellen müssen, auch mit der nächsten Regierung. Es werde schwer, mehr Geld in das System zu bekommen, erst recht ohne Veränderung der Strukturen. »Die reine Abgabe kleiner, teurer, eckiger Packungen ist kein Alleinstellungsmerkmal, auf dem wir uns ausruhen können«, wiederholte Gnekow. Die Apotheken müssten stattdessen ihre Kundenbindung intensivieren und sich stärker als erste Anlaufstelle im Gesundheitswesen etablieren, vor allem durch weitere Dienstleistungen. 

Beispiel Impfen: Das komme bei den Bürgerinnen und Bürgern in Hamburg sehr gut an und werde hier auch von den Ärzten akzeptiert oder sogar genutzt. »Was ist das für ein bombastisches Vertrauen, wenn der Patient mir erlaubt, ihm eine Nadel in den Arm zu stechen«, findet Gnekow. Darüber werde die Kundenbindung intensiviert. Wenn man es bündle und mit Terminvergabe mache, mache es auch wirtschaftlich Sinn.

Digitale Erste Hilfe für die Patienten

Warum diese intensive Zeit darüber hinaus nicht nutzen und dem Patienten gleich die E-Rezept-App, ob ApoGuide von der Gedisa oder Apps von Zweitanbietern, zu empfehlen und zu zeigen, wie das Card-Link-Verfahren mit der eigenen Apotheke als Favoriten funktioniert, so Gnekow. Schließlich hätten die Apotheken während der Corona-Pandemie auch bei den  Impfzertifikaten digitale Erste Hilfe geleistet – »und wenn wir dafür studentische Hilfskräfte einsetzen«.

Wenn im Januar die E-Patientenakte mit Hamburg als einer der Modellregionen startet, könnten auch hier die Apotheken den Patienten helfen. Es sei auch im Gespräch, ob Apotheken als Authentifizierungsstellen für die neue Gesundheits-ID zu nutzen. »Das ist charmant, denn es treibt die Leute zu uns, muss aber vergütet werden«, betonte Gnekow.

Darüber hinaus müssten die Apotheken noch mehr zum Gesundheitslotsen im System werden, möglicherweise auch mit neuen Befugnissen, vor allem mit neuen Dienstleistungen. Es sei sinnvoll, bestehende Strukturen wie die Apotheken vor Ort zu stärken und zu besser zu nutzen. Gesundheitskioske seien überflüssig und hoffentlich nun auch passé.« Dazu passten die Vorschläge, die derzeit von der ABDA-Gruppe »Apotheke der Zukunft« herausgearbeitet werden, die die Apotheken vor Ort als Primärversorgungszentren etablieren will.

In Hamburg spreche die Kammer auch bereits mit dem Hausärzteverband, in Kooperation mit deren Bereitschaftsdienst assistierte Telemedizin in den Apotheken außerhalb der Praxissprechzeiten anzubieten. Der zugeschaltete Arzt könnte dann direkt ein E-Rezept ausfüllen und an den Patienten schicken. »Das entlastet die Notfallpraxen und Notaufnahmen, erleichtert es den Patienten, ist für uns ein Kompetenz und wäre ein weitere vergütete neue pDL«, zählte Gnekow die Vorteile auf.

Warenlager für Patienten offenlegen

Doch nicht nur für die Patienten, auch für die Politik und Krankenkassen müssten sich die Apotheken als Problemlöser etablieren, meint Gnekow und hat dabei weiterhin die Lieferengpässe und Hochpreiser im Blick. »Wir können nicht den Mangel an sich oder die strategischen Versäumnisse der Politik lösen, aber mit unserer Mitarbeit ein Zeichen an die Politik senden«, glaubt der Kammerpräsident.

Er wiederholte seinen Vorschlag, die Warenlager für die Patienten transparent zu machen, zum Beispiel über die ApoGuide-App. Ein einfaches Ampelsystem könne zeigen, ob ein Präparat in der Wunschapotheke vorrätig ist (grün), kurzfristig bestellbar (gelb) oder nicht lieferbar (rot). Auch Vorschläge für Alternativen bei Packungsgröße, Dosis oder Wirkstoff seien denkbar. Technisch sei das leicht umsetzbar. »Damit könnten wir schnell starten, bei allen  punkten und zeigen, dass wir zur Lösung beitragen«, sagte Gnekow.

Zudem rief er dazu auf, sich am DAPI-Lieferfähigkeitspanel zu beteiligen, sofern es EDV-technisch passt. Dabei übermittelt man automatisch seine erfolglosen Anfragen an den Großhandel, um Lieferengpässe realistischer zu dokumentieren. »Es wäre gut und wichtig als Apotheken zu wissen und von uns zu erfahren, was wirklich nicht lieferbar ist«, so Gnekow im Blick auf die BfArM-Lieferengpass-Datenbank, die nur die Spitze des Eisbergs abbildet.

Hochpreiser nur von qualifizierten Ärzten und Apotheken

Ebenfalls nicht lösen, aber besser managen ließe sich die Hochpreiser-Problematik mit Hilfe der Apotheken. Gnekow machte einige Vorschläge: So sollten hochpreisige Medikamente nur von qualifizierten Arztpraxen und per E-Rezept verordnet und von Approbierten abgegeben werden dürfen, optimal mit aktuellem Fortbildungszertifikat. Dazu könnte eine neue pDL »New Medication Management« angeboten werden, um die sachgerechte Anwendung zu gewährleisten. Denkbar sei ein Vorabgenehmigungsverfahren, einhergehend mit Retaxsicherheit und sofortiger Abrechnung mit der Krankenkasse. Zudem brauche es eine elektronische Direktabrechnung.

»0,5 Prozent der abgegeben Packungen machen 35 bis 40 Prozent des GKV-Umsatzes mit Arzneimitteln aus«, verdeutlichte Gnekow. Es bleibe zu wenig Geld für die generischen Medikamente. Gesellschaftlich müsse auch diskutiert werden, inwieweit es noch solidarisch ist, extrem teure Arzneimittel für Einzelne zu finanzieren. Die Politik komme zudem nicht an einer Steigerung der GKV-Beitragssätze vorbei, auch im Hinblick auf den möglicherweise breiten Einsatz neuer Alzheimer-Mittel und der Abnehmspritzen.

Deutscher Apothekertag: Über neue Formate nachdenken

Zudem übten Gnekow und auch die anderen Delegierten Kritik an der jetzigen Form der Hauptversammlung der Apothekerschaft, dem Deutschen Apothekertag. »Es sind oft wenig zielgerichtete oder gar kontraproduktive Anträge dabei und solche, die sich immer wiederholen«, meinte Gnekow und nannte das Impfen durch PTA (widerlegt das Argument keine »Apotheke ohne Apotheker«) und eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel. Oftmals sei die Diskussion nicht fachlich genug. »In diesem Format können keine fundierten Sachentscheidungen getroffen werden«, konstatierte der Kammerpräsident.

Weniger Demokratie dürfe es aber auch nicht werden. Als mögliche Lösung schlug Gnekow vor, eine gemeinsame öffentliche Auftaktveranstaltung zu machen und zum Beispiel intensive Workshops zu einzelnen Themenblöcken zu veranstalten, damit diese mit mehr Zeit und Tiefe diskutiert werden könnten. Dort könnten qualifizierte Anträge erarbeitet werden, auch mit Abschätzung der Konsequenzen und Kosten, die mit den grundsätzlichen Zielen der Apothekerschaft übereinstimmen, bevor sie von der Hauptversammlung abgestimmt werden. Zudem plädierte die Kammerversammlung dafür, dass diese dann bindender für die ABDA-Arbeit sein sollten. 

Weiteres Thema der Delegiertenversammlung war der Kammerhaushalt, der durch die Beiträge zum ABDA-Haushalt und zur Sanierung des Zentrallabors (ZL) dominiert wird. Für das kommende Jahr konnte die Kammer jedoch auf Beitragserhöhungen für ihre Mitglieder verzichten.

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