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Interview Paula Piechotta

»Apotheken müssen ihren Mehrwert zeigen«

Die Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) findet, dass eine PTA-Vertretung ländliche Apotheken vor Ort am Leben erhalten könnte. In den Städten sei die Regelung hingegen nicht dringend. Mit der PZ hat sie über die geplante Apothekenreform gesprochen.
AutorKontaktAlexandra Amanatidou
Datum 10.11.2025  08:00 Uhr

PZ: Apotheken sollen künftig neben Grippe- und Corona-Impfungen alle Impfungen durchführen können, die keine Lebendimpfstoffe enthalten. Könnte eine solche Maßnahme die Impfbereitschaft erhöhen?

Piechotta: Die Impfbereitschaft in Deutschland sinkt aus verschiedenen Gründen. Aber für den Teil der Menschen, bei denen die Impfung tatsächlich nur am fehlenden Impftermin in der Praxis scheitert, weil die Öffnungszeiten beim Hausarzt zu kurz sind oder man keine Zeit findet einen Termin auszumachen, macht die Apotheke das Impfen einfacher und barrierefreier möglich. Bei sinkenden Impfquoten sollten wir solche Hebel für mehr Impfungen nutzen. Aktuell ist beispielsweise die Zahl der Grippeimpfungen so gering wie zuletzt in der Impfsaison vor der Pandemie.

PZ: Die Apothekenreform sieht unter bestimmten Voraussetzungen eine PTA-Vertretung vor. Laut dem Bundesverband der PTA entsteht dadurch ein neuer Beruf zwischen Apothekern und PTA, der an den Pharmazieingenieur erinnere. Hätte die Politik mehr aus der DDR lernen und den Beruf erhalten sollen?

Piechotta: Gerade in Ostdeutschland hat der Beruf auch nach der Wende noch sehr lange weiterbestanden und wird teilweise in manchen Apotheken noch immer ausgeübt, von daher war ja 1990 nicht Schluss mit dem Pharmazieingenieur. Darüber hinaus gilt natürlich wie bei vielen anderen Themen auch: Die deutsche Wiedervereinigung wurde sehr hastig durchgeführt und in den verschiedensten Lebensbereichen wurden Dinge vergessen und fielen hinten runter. Der Beruf der Pharmazieingenieurinnen und Pharmazieingenieure ist ein Beispiel hierfür. Jetzt wird diese Lücke wieder gefüllt. PTA haben heute in Deutschland nur wenige Aufstiegs- oder Weiterentwicklungsmöglichkeiten, was den Beruf natürlich unattraktiv macht. Ähnlich wie in der Pflege schafft man jetzt neue Weiterentwicklungs-Möglichkeiten für PTA und macht den Beruf damit insgesamt attraktiver. Das trägt am Ende auch dazu bei, dass wir die Kompetenzen, die wir im Gesundheitswesen haben, effizienter in der Patientenversorgung einsetzen.

PZ: Was halten Sie von einer möglichen PTA-Vertretung?

Piechotta: Das ist gelebte Realität: Betrete ich eine Apotheke, treffe ich meistens PTA am Tresen an, nicht die Apothekerinnen und Apotheker. PTA führen die überwiegende Mehrheit aller Patientenkontakte durch. Die PTA-Vertretung ist die Möglichkeit, Apotheken vor Ort in ländlichen Räumen am Leben zu halten, die ansonsten schließen würden. Diese sind insbesondere für ältere Menschen sehr wichtig. In der Stadt braucht es das meiner Meinung nach nicht so dringend. Vielleicht sollten sich das Bundesgesundheitsministerium und die Kollegen vom Bund und von der SPD noch einmal überlegen, ob sie die Vertretungs-Regelung auf ländliche Regionen beschränken wollen.

Wir müssen unser Gesundheitssystem gemeinsam reformieren. Ansonsten läuft es irgendwann vor die Wand – und davon profitieren auch die Leistungserbringer im Gesundheitswesen nicht.
Paula Piechotta, Bündnis 90/Die Grünen

PZ: Die Ärzteschaft sieht die geplante Rx-Abgabe durch Apotheken ohne Rezept kritisch. Wie sehen Sie das?

Piechotta: Das ist ein ewiger Streit zwischen Apothekern und Ärzten. Am Ende geht es natürlich auch um den eigenen Berufszweig. Deshalb wird es immer Konflikte geben. Die Vorschläge, die gemacht werden, unterscheiden sich aber gar nicht so sehr von denen von Lauterbach und uns in der letzten Legislatur. Das zeigt, dass sie in weiten Teilen überparteilich als sinnvoll angesehen werden. Für die Ärzteschaft ist der Knackpunkt letztendlich, dass Apotheker Medikamente ohne Verschreibung und ohne ärztliche Untersuchung abgeben dürfen – das kann sinnvoll sein, aber der aktuelle Vorschlag ist an einigen Stellen sehr weitgehend. Insbesondere bei chronisch Kranken sollten klinische Untersuchung und die Verschreibung von Medikamenten nicht voneinander abgekoppelt werden. Für die Patientinnen und Patienten kann es sinnvoll sein, dass Notfallkliniken oder Apotheken in besonderen, klar definierten Situationen auch selbstständig Medikamente abgeben können. Aber ich sehe hier noch offene Fragen.

PZ: Die Drogeriekette dm plant, einen OTC-Versand aus Tschechien zu starten. Was halten Sie von diesem Schritt?

Piechotta: Das zeigt, dass Unternehmer in Deutschland sehen, was in anderen europäischen Ländern funktioniert und dann natürlich den Ehrgeiz entwickeln, das auch in Deutschland umzusetzen. Die Apothekerinnen und Apothekern müssen ihren Mehrwert wie Beratung zeigen – ich bin sicher, dass sie das können.

PZ: In einem Kommentar in der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« wurden Apotheken als überflüssig bezeichnet. Sehen Sie das auch so?

Piechotta: Als Radiologin wird auch meine Fachrichtung immer wieder gefragt, ob sie nicht eigentlich überflüssig ist. Medizin entwickelt sich weiter, und grundsätzlich gibt es für keine Fachrichtung Bestandsschutz. Doch mit dem medizinischen Fortschritt werden auch die Medikamente immer komplizierter. Gleichzeitig werden Menschen immer älter und die Zahl der chronisch Kranken wird steigen. Vor diesem Hintergrund halte ich es für unwahrscheinlich, dass es in Zukunft keine Apothekerinnen und Apotheker mehr braucht. Natürlich müssen sich Apothekerinnen und Apotheker mit dem medizinischen Fortschritt weiterentwickeln. Insbesondere in der aktuellen Situation wird es notwendig sein, das Gesundheitswesen gemeinsam konstruktiv voranzubringen, statt nur zu versuchen, die eigenen Interessen mit allen Mitteln durchzukämpfen. Wir müssen unser Gesundheitssystem gemeinsam reformieren. Ansonsten läuft es irgendwann vor die Wand – und davon profitieren auch die Leistungserbringer im Gesundheitswesen nicht.

PZ: Ein Thema, mit dem Sie sich viel befassen ist die Maskenbeschaffung während der Pandemie. Das BMG rechnet heute mit mehreren Millionen Euro für die Lagerung, den Transport und die Vernichtung der von Jens Spahn (CDU) bestellten Corona-Masken. Auch die Anwaltshonorare sollen über 20 Millionen Euro betragen. Können Sie noch viel mehr verzeihen?

Piechotta: Es geht nicht um Verzeihen, sondern es geht um das Gerechtigkeitsgefühl von Menschen in diesem Land. Wenn die Bürgerinnen und Bürger sehen, dass offensichtliche Skandale arrogant ausgesessen werden, niemand zur Rechenschaft gezogen wird aber auf der anderen Seite auf Bürgergeldempfänger und Arbeitslose eingeprügelt wird, dann schwindet das Vertrauen in Politik. Die Maskendeals von Jens Spahn müssen aufgearbeitet werden, damit die Menschen in Deutschland wissen, dass ein solcher Umgang mit ihrem Steuergeld nicht normal ist und nicht akzeptiert wird. Wenn man sich anschaut, wie stark die Beliebtheitswerte von Jens Spahn auf dem Trendbarometer gesunken sind, dann ist das ein klares Signal, dass die Bevölkerung nicht verzeiht, sondern Konsequenzen erwartet.

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