Apotheken in der Suchtprävention |
Apothekerinnen und Apotheker sollten Patientinnen und Patienten beim Versuch unterstützen, Benzodiazepine und Z-Drugs abzusetzen oder deren Dosierung zu reduzieren. / © Getty Images/Yulia Naumenko
Vergangenen Samstag hatte der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) zur Fachtagung mit dem Titel »Gefährliche Vertrautheit – wenn Konsum zur Abhängigkeit wird« nach Frankfurt am Main und online eingeladen. Sozialpharmazeutische Perspektiven auf Missbrauch, Prävention und interprofessionelle Zusammenarbeit waren weitere Themen, die rund 30 Interessierte miteinander diskutierten.
Dr. Rüdiger Holzbach, Psychiater und erfahren im Umgang mit Benzodiazepinen, stellte in seinem Vortrag »Langzeitverschreibung von Benzodiazepinen und Z-Substanzen – fort- oder absetzen?« die Frage, wie mit Suchterkrankungen umzugehen sei. Durch seine langjährige Erfahrung nahm er die Anwesenden mit in den Alltag und die Herausforderungen, die er täglich erlebt.
Insbesondere warb der Psychiater bei den Apothekerinnen und Apotheker dafür, die Patientinnen und Patienten bei dem Versuch zu unterstützen, Benzodiazepine und Z-Drugs abzusetzen oder deren Dosierung zu reduzieren. Dafür können die Apotheken die Erfahrungen aus dem Projekt »Ambulanter Entzug Benzodiazepin-abhängiger Patienten in Zusammenarbeit von Apotheker und Hausarzt« nutzen. Hilfreich für die tägliche Arbeit sei auch der »Lippstädter Benzo-Check«.
Dr. Christian Ude, Apothekeninhaber und Präsident der Landesapothekerkammer Hessen, ging in seinem Vortrag »Apotheke als Schutz vor Sucht und Arzneimittelmissbrauch« auf die Risiken von Opioiden, insbesondere Fentanyl ein, betonte aber gleichzeitig die therapeutische Bedeutung dieser Substanzgruppe für die Patienten.
Das Apothekenpersonal hätte durch ihre vielen Patientenkontakte und ihre Niedrigschwelligkeit gute Chancen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Dabei dürfe man auch die Selbstmedikation nicht vergessen, denn im Vergleich zu Versandapotheken hätten Präsenz-Apotheken die besseren Voraussetzungen für eine gute Beratung der Patienten.
In einer Diskussionsrunde wurden die unterschiedlichen sozialpharmazeutischen Aspekte anhand der drei Substanzklassen (Benzodiazepine, Cannabis, Fentanyl) besprochen. Moderatorin Frauke Heller, VdPP-Vorstandsmitglied: »Als niedrigschwellige Anlaufstelle im Gesundheitssystem und durch ihre Fachexpertise sind Apotheken bestens geeignet, sich sowohl auf individueller Ebene als auch gesamtgesellschaftlich für die Suchtprävention zu engagieren.«
Gerade in Zeiten, in denen viele Apotheken vor existentiellen Herausforderungen stehen, sei es jedoch auch eine Frage des Systems, wie diese Rolle mit Leben gefüllt und die Position der Vor-Ort-Apotheke als wichtiger Akteur im Gesundheitssystem gestärkt werden könne. Im interprofessionellen Kontext habe sich herausgestellt, dass eine gute Kommunikationsgrundlage zwischen Medizin und Pharmazie vor Ort notwendig sei, um die kritischen Arzneimittelverbräuche mit betroffenen Patienten zu thematisieren, was ebenfalls von Versandapotheken nicht geleistet werden könne.
Als weitere Formate fanden zwei »World Cafés« statt. Unter dem Titel »Substitutionstherapie – Quo vadis« besprach Apothekerin Frauke Repschläger die Zukunft der Substitutionstherapie. Die bei einer Krankenkasse tätige Apothekerin wies darauf hin, dass aufgrund zu beobachtender altersbedingter Abgänge von Substitutionsärztinnen und -ärzte andere Berufe mit ausreichender Qualifikation einspringen müssten. Auch stellte sie die Frage, ob vor dem Hintergrund sich verändernder Konsumprofile wie Polysubstanzkonsum und vermehrten Abhängigkeiten von anderen Substanzklassen eine reine Fokussierung auf Opioide noch zeitgemäß sei.
Das zweite World Café sollte ursprünglich von zwei Vertreter:innen des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden (BPhD) zum Thema Drug-Checking moderiert werden. Da sie verhindert waren, sprang Tim Inhoff, Apotheker aus Berlin, spontan ein und teilte mit den Teilnehmenden seine Erfahrungen unter dem Titel »Drug Checking und Safer Use – eine Perspektive aus einer Apotheke in der Partyhauptstadt«.
In der abschließenden Diskussion sprachen die Teilnehmenden über die Verantwortung der Apothekerinnen und Apotheker bei der Selbstmedikation und ihre Möglichkeiten, Arzneimittelmissbrauch zu reduzieren. Außerdem thematisierten sie, ob Apotheker bei der Substitutionstherapie mit Methadon mehr als bisher die Ärzte entlasten können und wollen.