Apotheken erhalten 11 Prozent sofort |
Alexander Müller |
18.01.2024 13:30 Uhr |
Im AvP-Insolvenzverfahren steht die erste Ausschüttung im Rahmen des Vergleichs an. / Foto: picture alliance/dpa
Vor mehr als drei Jahren, am 16. September 2020, wurde das Insolvenzverfahren zu AvP eröffnet, tausende Apotheken wurden zu Gläubigern. Seitdem warten die Apotheken auf ihr Geld, weil das Geflecht aus Verträgen und Zahlungsströmen nicht leicht zu entwirren ist. Um nicht langwierig über vermeintliche Aussonderungsrechte zu streiten, wurde im Herbst 2023 ein Vergleich geschlossen. Dieser sieht eine Teilausschüttung der Forderungen der Apotheken vor.
Die erste Tranche ist nun fällig. Insolvenzverwalter Jan-Philipp Hoos hat den Betrag schon an den Treuhänder überwiesen, dieser wird heute oder morgen den Auszahlungsbetrag von rund 33 Millionen anweisen, damit die Zahlungen spätestens am 22. Januar bei den Apotheken sind. Rund 2.500 Überweisungen müssen durchgeführt werden. Die Apotheken erhalten damit vor Abschluss des Insolvenzverfahrens einen Abschlag von rund 11 Prozent auf ihre Forderungen.
Weitere Auszahlungen sollen folgen. Die PZ hatte ausführlich über die verschiedenen Töpfe und Tranchen berichtet. Der vom Vergleich nicht betroffene Teil der Forderungen geht nicht verloren. Die Apotheken nehmen mit ihrer Restforderung regulär am Insolvenzverfahren teil, inklusive der Quotenzahlung zum Abschluss.
Der Apothekerverband Nordrhein (AVNR), der das Verfahren federführend begleitet, hatte in der Vergangenheit eine Gesamtquote von 40 bis 50 Prozent in Aussicht gestellt. Das scheint angesichts der bislang bekannt gewordenen Zahlen nicht unwahrscheinlich. Ein Unsicherheitsfaktor ist bei solchen Schätzungen die noch ausstehende Vergleichsvereinbarung mit den Banken, an der Insolvenzverwalter Hoos ebenfalls arbeitet.
In der kommenden Woche erhalten alle Apotheken Geld, die an dem Vergleich teilnehmen. Sie haben im Gegenzug auf etwaige Aussonderungsrechte verzichtet. 96,1 Prozent gemessen an der Forderungssumme hatten dem Vergleich zugestimmt, das nötige Quorum von 80 Prozent wurde damit weit übertroffen. Für die nicht beteiligten Apotheken muss Hoos Rückstellungen bilden, falls diese ihre Aussonderungsrechte vor Gericht durchsetzen können. In den bisherigen Verfahren waren die Apotheken – mit Ausnahme eines Sonderfalls – aber unterlegen.
Die nächsten Zahlungen des Treuhänders an die Apotheken erfolgen nach offiziellen Angaben voraussichtlich Ende März und Ende September. Schließlich plant der Insolvenzverwalter gegen Ende des Jahres 2024 eine Abschlagsverteilung an alle Gläubiger vornehmen.
Und dann gibt es noch jene Gruppe von 819 Apotheken, die wenige Tage vor der Insolvenz im September 2020 noch eine Abschlagszahlung von AvP erhalten hatten. Aus Sicht von Hoos waren diese Zahlungen unberechtigt, im Zweifel würde er sie einklagen. Der Insolvenzverwalter hat dieser Gruppe aber einen weiteren Vergleich angeboten. Demnach verzichten sie auf ihre restlichen Insolvenzforderung und scheiden komplett aus dem Verfahren aus. Die konkrete Abmachung richtet sich jeweils nach der Höhe des Anfechtungsbetrags und der Insolvenzforderungen der Apotheke.
In 634 Fällen konnte Hoos einen solchen Vergleich schließen. Weitere 94 Apotheken sind zwar nicht beigetreten, haben aber den Verzicht auf Verjährung erklärt. Damit kann in Ruhe geprüft werden, ob die Anfechtung rechtlich durchsetzbar ist, ohne dass man sich gleich vor Gericht treffen muss. In 91 Fällen hat Hoos dagegen Klage erhoben. Die betroffenen Apotheken müssen jetzt vor Gericht darum kämpfen, die bereits ausgezahlten Beträge aus der Rezeptabrechnung zu behalten. Gewinnt Hoos, fließt das Geld der Insolvenzmasse zu. Aber auch in diesen Fällen dürfte sich eine letztinstanzliche Klärung noch einige Jahre hinziehen.