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Braun

»Es geht nur um die Preisbildung«

14.10.2002  00:00 Uhr
Apothekertag 2002

Braun: »Es geht nur um die Preisbildung«

In seinem Geschäftsbericht zum Deutschen Apothekertag 2002 in Berlin hat Professor Dr. Rainer Braun, Hauptgeschäftsführer der ABDA , die Diskussion um Vertriebskosten als ein Ablenkungsmanöver bezeichnet, um den Weg für grundlegende Änderungen in der Struktur der Arzneimittelversorgung zu bahnen. Die Pharmazeutische Zeitung sprach mit Braun über die aktuelle politische Diskussion sowie die Alternativvorschläge der Apothekerschaft.

PZ: Welche großen Änderungen werden Ihrer Meinung nach hinter verschlossenen Türen diskutiert?

Braun: Vermutlich geht es um die Preisbildung. Es soll der einheitliche Arzneimittelabgabepreis aufgebrochen werden, um dann in Einzelverhandlungen Preissenkungen zu erreichen. Im Zuge dieser Preisverhandlungen will man dann indirekt die Einkaufskonditionen der Apotheken besser ausschöpfen. Dies führt zur Konzentrierung auf wenige große Apotheken oder sogar Kettenbildung, die dann aber unter dem Strich trotz höherer Umsätze keinen größeren Rohertrag erwirtschaften.

PZ: Die Financial Times Deutschland hat heute gemeldet, das Bundesversicherungsamt werde demnächst möglicherweise tolerieren, dass die Krankenkassen über das Internet bestellte Arzneimittel erstatten. Ist das ein erstes Zeichen für die demnächst bevorstehende Legalisierung des Versandhandels?

Braun: Dies ist sicherlich kein endgültiges Zeichen, denn es ist die Entscheidung eines einzelnen Gerichts. Ich finde sie allerdings erstaunlich. Schließlich handelt das BVA auf Basis gültigen Rechts, das nun vom Gericht angegriffen wird. Die Urteilsbegründung liegt zwar noch nicht vor. Aber es liegt der Verdacht nahe, dass offensichtlich von Seiten der Gerichte der Versandhandel vorbereitet werden soll. Man kann nur das BVA auffordern, weiter seinen Weg zu gehen.

PZ: Sie haben die derzeit gültige Aut-idem-Regelung als eine verkappte Festbetragsregelung bezeichnet und eine schnellstmögliche Änderung gefordert. Wie sollte diese nach Meinung der ABDA aussehen?

Braun: Die ABDA hat in ihrem Konzept zur zukünftigen Gestaltung der Arzneimittelversorgung mit dem Preisindexmodell entsprechende Vorschläge unterbreitet. Dabei soll für einen Arzneimittelbereich eine durchschnittliche Preisgrenze festgelegt werden. Der Apotheker hat dann im Rahmen seiner Auswahl dafür zu sorgen, dass dieser Durchschnittswert erreicht wird. Er hat damit aber auch die Möglichkeit, bei Bedarf ein teureres Präparat auszuwählen oder bei pharmazeutischen Bedenken das ursprünglich verordnete Arzneimittel abzugeben. Die Einsparziele können vorher definiert und dann von den Apotheken umgesetzt werden.

 

Kommentar: Kein Mut Immer wieder wurden die scheinbar explodierenden Arzneimittelkosten in den letzten Wochen und Monaten für das Finanzdebakel der Gesetzlichen Krankenkasse verantwortlich gemacht. »Hohe Arzneimittelausgaben gleich GKV-Defizit gleich Beitragserhöhung« – laute die genauso simple wie falsche Formel von Politik und Kassen, berichtete Braun in seinem Geschäftsbericht. Und tatsächlich: Nur wenige Stunden nach Brauns Rede besann sich die Regierungskoalition erneut auf das einfache Rechenexempel und zog ihre neuesten Sparpläne aus dem Hut: Das 1,6-Milliarden-Loch der GKV will Rot-Grün mit 1,4 Milliarden Euro aus den Taschen von Industrie, Großhandel und Apotheken stopfen.

Wieder einmal zeigt die Politik, dass sie entweder die wahren Ursachen für das Finanzdebakel der Kassen nicht erkennt, oder ihr der Mut zu grundlegenden Reformen des maroden Gesundheitswesens fehlt. Gespart wird dort, wo Ausgaben transparent sind. Die Apothekerschaft wird einmal mehr als Kostentreiber abgeurteilt, und soll ordentlich zur Kasse gebeten werden.

Es grenzt an Hohn, wenn solche Sparmaßnahmen auch noch als erste Reformschritte verkauft werden. Mit ihrer jüngsten Heldentat charakterisiert sich die künftige Superministerin in spe einmal mehr: kein Mut zu nachhaltigen Reformen, aber eine Meisterin der Vorschaltgesetze.

Ulrich Brunner
PZ-Redakteur

 

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