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Enfuvirtid für HIV-Patienten

Datum 22.09.2003  00:00 Uhr

Deutscher Apothekertag 2003

Enfuvirtid für HIV-Patienten

Der Innovationspreis der Pharmazeutischen Zeitung geht in diesem Jahr an den Wirkstoff Enfuvirtid (Fuzeon®) von Hoffmann-La Roche. Die Jury wählte das Aids-Medikament aus 21 neuen Arzneistoffen aus, erklärte PZ-Chefredakteur Professor Dr. Hartmut Morck bei der Preisverleihung am 20. September in Köln.

In die engere Auswahl kamen sechs Wirkstoffe, die „echte Innovationen“ darstellen. Die Jury unter Leitung von Professor Dr. Ulrich Schwabe, Heidelberg, zeichnete Enfuvirtid aus mehreren Gründen aus, sagte Morck. Der Arzneistoff mit dem Entwicklungsnamen T-20 ist der erste zugelassene Fusionshemmer. Diese Wirkstoffklasse stoppt nicht erst – wie die Reverse-Transkriptase-Hemmer und Protease-Inhibitoren – die virale Vermehrung, sondern verhindert bereits die Anheftung des Virus an CD4-Lymphozyten. Können die HI-Viren nicht an ihre Zielzellen andocken, können sie auch nicht eindringen und sich vermehren.

Dr. Karl Schlingensief, Vorstandsvorsitzender der Hoffmann-La Roche AG, Grenzach-Wyhlen, der den Preis in Köln entgegennahm, freute sich sichtlich über die Auszeichnung, die das Pharmaunternehmen bereits zum vierten Mal erhielt. Mit Saquinavir wurde bereits 1997 ein hoch innovatives, antiretrovirales Medikament ausgezeichnet. Enfuvirtid sei ein weiteres Ergebnis der kontinuierlichen Forschungsarbeit von Roche auf dem Gebiet der HIV-Diagnostik und -Therapie, sagte der Firmenchef.

Um im Wettbewerb mithalten zu können, müsse eine Firma immer wieder neue Technologien, Produkte und Indikationsfelder erschließen. Roche setzt dabei verstärkt auf Kooperation mit Partnern aus der Biotechnologie. Allerdings sei das Klima in Deutschland innovationsfeindlich. „Festbeträge auf patentgeschützte Arzneimittel sind ein Malus für die Pharmaforschung.“ Bei langfristigen Entscheidungen über neue Investitionen gehe es auch um die Frage, inwieweit in Deutschland Patente noch einen Wert darstellen. „Investiert wird in Ländern, die Innovationen schätzen.“

Neue Option für Patienten

Enfuvirtid ist in Deutschland seit Mitte Juni für die Kombinationstherapie zugelassen. Es ist bei Patienten indiziert, die auf die bislang verfügbaren antiretroviralen Arzneistoffe nicht mehr ansprechen oder diese nicht vertragen. Die Verordnung sollte nur von Ärzten vorgenommen werden, die Erfahrung in der Behandlung von HIV-Infektionen haben. Die empfohlene Tagesdosis beträgt zweimal täglich 90 mg, die subcutan injiziert wird. Das komplexe Polypeptid aus 36 Aminosäuren wird in etwa 100 Schritten synthetisiert, erklärte Schlingensief. Der anfängliche Produktionsengpass sei inzwischen aber überwunden.

Der neue Fusionshemmer hat einen klaren klinischen Nutzen für die Patienten. Die Ergebnisse aus zwei großen Phase-III-Studien war für die Jury des PZ-Innovationspreises ebenfalls wichtig für die Entscheidung. Die TORO-1- und TORO-2-Studien mit insgesamt rund 1000 stark vorbehandelten HIV-1-infizierten Patienten haben gezeigt, dass Enfuvirtid in Kombination mit einer optimierten Basistherapie einen größeren Nutzen als die Basistherapie allein hat, berichtete Dr. Stefan Esser aus Essen. Die Spiegel der Plasma-HIV-1-RNA sanken deutlich stärker und die CD4-Zellzahlen nahmen signifikant zu. Die Zeit bis zum virologischen Versagen war in der Enfuvirtid-Gruppe fast dreimal so lang wie mit der alleinigen Basistherapie. „Für den Patienten bedeutet dies eine weitere Option, das Virus aufzuhalten“, sagte der Aids-Spezialist.

Früher Einsatz besser?

In der Praxis wird über den optimalen Einsatz des Proteins diskutiert. Derzeit ist Enfuvirtid nur zugelassen in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneistoffen, wenn der Patient auf diese nicht mehr anspricht. Möglicherweise bringe ein früherer Einsatz Vorteile, weil das Immunsystem noch nicht so stark geschwächt ist, gab Esser zu bedenken.

Da das Medikament zweimal täglich subcutan gespritzt werden muss, gehören lokale Reaktionen an der Einstichstelle zu den wichtigsten Nebenwirkungen. Damit der Patient die Injektionslösung richtig zubereiten und korrekt spritzen kann, müsse er intensiv geschult werden. Hier sieht Morck eine wichtige und lohnende Aufgabe für den „Hausapotheker“, der den Patienten betreut. So darf die zubereitete Infusionslösung nicht geschüttelt oder umgedreht werden, da sonst viel Schaum entstehen kann. Des Weiteren sollte der Patient darüber informiert werden, dass es bis zu 45 Minuten dauern kann, bis das Pulver vollständig gelöst und die Lösung klar und frei von Bläschen ist. Da die fertige Lösung 24 Stunden im Kühlschrank (Lichtschutz) stabil bleibt, kann der Patient jedoch die beiden Tagesdosen gleichzeitig zubereiten.

 

Überblick und Statistik Zu Beginn der 80er-Jahre kam es zunächst vorwiegend bei homosexuellen Männern in Kalifornien und New York zum Auftreten einer bis dahin unbekannten Erkrankung. 1984 wurde das HI-Virus als Krankheitsauslöser identifiziert und Aids als Syndrom verschiedener Erkrankungen gleicher Ursache definiert. Weltweit sind bisher seit Ausbruch der Pandemie mehr als 60 Millionen Menschen mit HIV infiziert worden. Zum jetzigen Zeitpunkt leben etwa 42 Millionen Menschen mit dem HI-Virus (Stand: Dezember 2002). Im vergangenen Jahr haben sich weltweit etwa. 5 Millionen Menschen neu infiziert. Rund 3,1 Millionen sind 2002 an den Folgen ihrer HIV-Infektion verstorben, davon allein 2,3 Millionen in Afrika. So ist Aids denn auch in den südlich der Sahara gelegenen afrikanischen Staaten bereits Todesursache Nummer 1 geworden. Weltweit ist Aids mittlerweile die vierthäufigste Todesursache. In Deutschland haben sich seit Beginn der Verbreitung von HIV etwa 60 000 Menschen infiziert, davon sind 20.000 Menschen gestorben.

 

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