AOK-Chef: Apotheker verunsichern Patienten |
Melanie Höhn |
14.03.2023 18:00 Uhr |
Für Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, greift der vorliegende Referentenentwurf zum Lieferengpass-Gesetz zu kurz. / Foto: AOK Baden-Württemberg
Am heutigen Dienstagvormittag hat die ABDA in der Berliner Bundespressekonferenz auf ein drohendes Versorgungschaos hingewiesen. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening und ABDA-Geschäftsführer (Pharmazie) Professor Martin Schulz beschwerten sich insbesondere über das von der Ampel-Koalition geplante Lieferengpass-Gesetz. Außerdem forderte die ABDA, die während der Pandemie eingeführten Austauschfreiheiten zu verstetigen sowie eine angemessene Engpass-Pauschale für die Apotheken.
Dazu hat sich heute im Anschluss Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, die stellvertretend für alle AOKs in Deutschland die Rabattverträge aushandelt, zu Wort gemeldet. Er teilt die kritische Meinung hinsichtlich des vorliegenden Referentenentwurfs eines Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) mit der ABDA. Der Entwurf greife »insgesamt zu kurz, um die Versorgung nachhaltig zu verbessern«. Zu begrüßen sei jedoch die geplante verpflichtende Lagerhaltung bei Rabattverträgen mit einer Rücklage von Drei-Monats-Reserven sowie die erweiterte Bevorratungspflicht für Krankenhäuser. Erstere Vorgabe sei bereits in den Rabattverträgen der AOK-Gemeinschaft verankert und habe sich als versorgungssicherndes Element bewährt.
Mit den im Entwurf vorgesehenen Maßnahmen zur Arzneimittel-Preisbildung im Generikabereich hat die AOK allerdings Probleme. »Es erschließt sich jedoch nicht, wie insbesondere ökonomische Ansatzpunkte zur Lösung von Lieferengpässen beitragen sollen. Denn die Erhöhung von Festbetragsgrenzen und Preisen wird die globalen Probleme mit Lieferengpässen nicht lösen«, so Bauerfeind. Er resümiert: »Lieferengpässe sind für Patientinnen und Patienten, aber selbstverständlich auch für die Apotheken vor Ort, eine Belastung und müssen dringend beseitigt werden«.
Auseinander gehen die Meinungen der Standesvertretung der Apotheker und der AOK bei den Austauschregeln. Die Apotheken kämpfen derzeit dafür, die bis zum 7. April geltenden Pandemie-Maßnahmen, die ihnen bei nicht-verfügbaren Rabattarzneimitteln weite Austauschfreiheiten einräumen, zu verstetigen. Der Gesetzgeber ist dem bislang nicht gefolgt – allerdings will die Ampel-Koalition nun per Änderungsantrag zum UPD-Gesetz kurzfristig regeln, dass die Freiheiten zumindest bis Ende Juli verlängert werden. Die für das AOK-System ausschreibende AOK Baden-Württemberg hat dafür kein Verständnis.
Bauerfeind erklärte in seinem Statement, dass die Fortführung von pandemiebedingten Ausnahmeregelungen bei der Arzneimittelabgabe »nicht sachgerecht« und »in der vorliegenden Form abzulehnen« sei. Klar sei auch, dass durch die Verlängerung der Maßnahmen keinesfalls die Ursachen der Lieferengpassproblematik angegangen werden, sondern nur Scheinlösungen zu Lasten der Beitragszahlenden geschaffen würden.
Der AOK-Chef ist jedoch Meinung, dass gewisse Aspekte der gelockerten Abgabe von Arzneimitteln in den Apotheken »angesichts der teilweise angespannten Lage beim Management von Lieferengpässen in den Apotheken vor Ort« verlängert werden können. »Dabei sollte aber klar auf die Nichtverfügbarkeit und nicht auf die Nichtvorrätigkeit in Apotheken verwiesen werden«, erklärte er. »Für die Patientinnen und Patienten sollte in erster Linie versucht werden, das verschriebene Arzneimittel auszugeben.« Äußerungen der ABDA wie »Chaos nach den Ostertagen« würden jedoch bei den Patientinnen und Patienten Ängste und Verunsicherungen schüren und seien weder gerechtfertigt noch zielführend.