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Zellstudien

Antidepressivum könnte gegen Covid-19 helfen

Viele Arzneistoffe sind sogenannte Dirty Drugs, die mehr als eine Zielstruktur im Körper beeinflussen. Meist ist das eher ein Nachteil, weil so Nebenwirkungen auftreten. Im Fall von Covid-19 könnte es ein Glücksfall sein, weil einige altbekannte Arzneistoffe wie Fluoxetin wohl auch die saure Sphingomyelinase hemmen, die eine Rolle beim Eintritt von Coronaviren in die Zelle spielt.
Daniela Hüttemann
27.10.2020  14:00 Uhr

Seit Pandemiebeginn wissen Apotheker, dass das neue Coronavirus SARS-CoV-2 sein Spike-Protein auf der Oberfläche nutzt, um an den ACE2-Rezeptor der menschlichen Zelle zu binden. Um wirklich in die Wirtszelle hinein zu gelangen, muss das Spike-Protein von einer Wirts-Protease geschnitten werden, zum Beispiel TMPRSS2. All dies sind mögliche Targets, um zu verhindern, dass das Virus in die Zelle gelangt. Zum einen werden hier passgenaue Wirkstoffkandidaten entwickelt, zum anderen testen viele Forschergruppen weltweit im Rahmen des Drug Repurposing das verfügbare Arzneistoff-Arsenal, ob ein Wirkstoff die Virusinfektion verhindern oder stoppen kann.

Bereits im Juli waren Würzburger Virologen und Chemiker mit dem Antidepressivum Fluoxetin fündig geworden. In vitro habe der selektive Serotonin-Reuptake-Hemmer die Virusvermehrung gehemmt. Die anderen SSRI Paroxetin und Escitalopram taten dies jedoch nicht. Es muss also ein anderer Wirkmechanismus dahinter stecken. Die Würzburger Forscher brachten dazu eine veränderte Protein-Expression des Virus ins Spiel, die es daran hindere, die nötigen Bausteine für die Replikation zu bilden.

Einen ganz anderen Wirkmechanismus bringen nun Wissenschaftler des Zentrums für Molekularbiologie der Entzündung (ZMBE) der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) ins Spiel. Die Forschungsgruppe unter der Leitung von Professor Dr. Ursula Rescher suchte nach Wirkstoffen, die an der Schnittstelle von Wirt und Erreger wirken. Das Team fand heraus, dass Fluoxetin sowohl die Aufnahme von SARS-CoV-2 Viren in die Zellkultur als auch ihre Weiterverbreitung hemmt, ohne dabei Zellen oder Gewebe zu beschädigen, allerdings nicht als direkter Hemmer von Spike-Protein, ACE2-Rezeptor oder TMPRSS2, sondern als funktioneller Inhibitor der sauren Sphingomyelinase (FIASMA).

Die Hemmung dieses Enzyms (ASM) könnte dazu führen, dass sich Cholesterol in den Endosomen und Lysosomen in der Zelle anreichert. Das wiederum stört wohl die endosomale Aufnahme von SARS-CoV-2-Viren und anderen behüllten Viren in die Zelle. Demnach konnte eine Vorbehandlung mit Fluoxetin dosisabhängig die Zellkulturen (Vero-E6-Zellen und bronchiale Calu-3-Zellen) bis zu 99 Prozent vor einer Infektion schützen, berichten die Münsteraner Forschung jetzt in der Fachzeitschrift »Emerging Microbes & Infections«.

Auch das Antiarrhythmikum Amiodaron und das trizyklische Antidepressivum Imipramin gelten als FIASMA. Diese beiden Arzneistoffe konnten ebenfalls die Aufnahme und Verbreitung von SARS-CoV-2 in der Zelle hemmen, berichtet das Team. Fluoxetin wiederum konnte zudem die Aufnahme von zwei aktuell zirkulierenden Influenza-A-Stämme in die Versuchszellen verhindern.

Das Fazit der Forscher: »Da die FIASMA-Gruppe aus einer großen Anzahl niedermolekularer Verbindungen besteht, die gut verträglich sind und für eine breite Palette klinischer Anwendungen weit verbreitet sind, bietet die Erforschung dieser zugelassenen Arzneimittel möglicherweise eine Vielzahl vielversprechender Virostatika für die wirtsgesteuerte Therapie, um behüllten Viren entgegenzuwirken, einschließlich SARS-CoV-2.« Insbesondere Fluoxetin, bekannt geworden unter dem Produktnamen Prozac®, könnte eine entscheidende Rolle in der Behandlung von Corona-Patienten spielen. Das muss jedoch zuerst noch in klinischen Studien bewiesen werden.

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