Angst um PubMed |
Paulina Kamm |
14.08.2025 14:30 Uhr |
iQWiG, G-BA und Cochrane Deutschland bangen aufgrund der unberechenbaren US-Außenpolitik um die Zukunft medizinischer Datenbanken aus den USA. / © IMAGO/MediaPunch
Im März dieses Jahres kam es laut Siw Waffenschmidt, Leiterin des Ressorts Informationsmanagement beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), zu einem Schreckensmoment in der Wissenschaft: Für ein Wochenende war die bibliografische Datenbank PubMed (Medline) nicht mehr zugänglich – die Gründe seien noch nicht bekannt, doch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seien seitdem gewarnt.
Zusammen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und Cochrane Deutschland warnt das IQWiG nun vor den Auswirkungen der finanziellen und personellen Kürzungen in den United States Department of Health and Human Services (HHS)-Behörden auf die Rechercheangebote. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat in diesem Bereich die Mittel stark zusammengestrichen.
Gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt gab Waffenschmidt an, dass schon jetzt der Zugriff auf einzelne Webseiten beschränkt sei: »Insbesondere betrifft das Webseiten der Öffentlichen Gesundheit, aber auch einzelne Manuskripte verschwinden mittlerweile.« Amerikanische Forscherinnen und Forscher befänden sich in einem »Communication Freeze«. Das bedeutet, dass diese nicht als Co-Autorinnen und Co-Autoren fungieren dürften und von einem Reiseverbot betroffen seien. Auch die National Library of Medicine (NLM) habe mit der Begründung »Communication Freeze« Schulungen zu PubMed abgesagt.
Zur Recherche nach Fachliteratur nutzen Deutsche hauptsächlich frei verfügbare, medizinische Informationsangebote aus den USA. PubMed beinhaltet Referenzen aus den Bereichen Medizin, Biochemie, Genetik und Molekularbiologie, Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie. Neben PubMed sieht das IQWiG auch die Plattform ClinicalTrials.gov in Gefahr. Dabei handelt es sich um das amerikanische Register klinischer Studien mit Offenlegung der Ergebnisse.
Gleichwertige Alternativen zu besagten Datenbanken sind rar: PubMed ist laut IQWiG, G-BA und Cochrane relativ unersetzbar, da andere frei zugängliche bibliografische Datenbanken oder deren Kombination den Inhalt nicht vollständig abdecken. Als Alternative schlagen sie eine kombinierte Nutzung aus einer medizinischen bibliografischen Datenbank wie Embase, die allerdings kostenpflichtig ist, und dem Datenbestand aus Crossref vor.
Der Archivbestand von PubMed bleibe weiterhin verfügbar und könne über gebührenpflichtige Plattformen wie Medline (Ovid) oder kostenfreie Angebote wie Europe PMC herangezogen werden. Fällt PubMed weg, wären daher vor allem zukünftige Forschungen betroffen. Einwände bezüglich der Alternativen seien die entstehenden Kosten und ein vergleichsweise hoher Aufwand.
Die Archivliteratur von ClinicalTrials.gov werde im Falle eines Ausfalls weiterhin in Form von Aggregat-Einträgen über das WHO ICTRP Search Portal zugänglich sein. Dazu fehlen dann allerdings Studienergebnisse und die im Register abgelegten Dokumente, was zu weiteren Arbeitserschwerungen führe. Für die zukünftige Verzeichnung der Studien könne man auf internationale oder nationale Studienregister ausweichen. Für Arzneimittelstudien bleibe das europäische Studienregister CTIS von hoher Bedeutung. IQWiG, G-BA und Cochrane sprechen sich daher für eine freiwillige Registrierung zum Beispiel für weitere Studientypen aus.