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Autoimmunerkrankung

Angreifende T-Zellen in regulierende T-Zellen umwandeln

Bei Autoimmunerkrankungen greifen T-Zellen körpereigene Strukturen an. Japanischen Forschern ist es jetzt gelungen, diese autoantigen-spezifischen Zellen in regulatorische T-Zellen umzuwandeln, die die Immunreaktion abschwächen. Die Gruppe um den Nobelpreisträger Shimon Sakaguchi veröffentlicht Protokolle, wie diese ansonsten so labilen Zellen in großen Mengen hergestellt werden können.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 29.10.2025  15:30 Uhr

Für die Entdeckung der regulatorischen T-Zellen (Treg) erhalten in diesem Jahr die US-Amerikaner Dr. Mary E. Brunkow und Dr. Fred Ramsdell sowie der Japaner Professor Dr. Shimon Sakaguchi den Nobelpreises für Physiologie oder Medizin. Das hat diese delikate Gruppe von Immunzellen noch einmal ins Rampenlicht gerückt. Natürliche Tregs (nTregs), die im Thymus und anschließend in der Peripherie heranreifen, sind essenziell für Selbsttoleranz. Sie bremsen die Aktivität des Immunsystems, wenn dieses sich gegen eigene Körperstrukturen richtet.  Den regulatorischen T-Zellen wird ein großes therapeutisches Potenzial zugeschrieben, etwa bei Autoimmunerkrankungen. Allerdings sind bisher alle Versuche, Treg-Zellen in der Klinik zu etablieren, gescheitert. Dies liegt vor allem daran, dass sich die Zellen bisher kaum in dem Ausmaß expandieren ließen, das für einen therapeutischen Einsatz erforderlich ist.

Allerdings zeigen sich aktuell Fortschritte in diese Richtung. Denn die Gruppe um den frisch nominierten Nobelpreisträger Sakaguchi publizierte jetzt zwei wissenschaftliche Arbeiten im Fachjournal »Science Tanslational Medicine«, in denen zum einen Protokolle für die stabile Herstellung dieser Zellen aus der Maus und dem Menschen beschrieben werden, zum anderen diese Zellen bei der Autoimmunkrankheit Pemphigus vulgaris getestet wurden.

Die Forschenden wandten dabei ein neues Konzept an: Sie wandelten konventionelle CD4⁺-T-Zellen zu stabilen Treg um. Hierfür entwickelten sie ein Protokoll, das die pharmakologisch gesteuerte epigenetische Umprogrammierung der T-Zellen ermöglicht. Dies beschreibt das Team um Professor Dr. Norihisa Mikami vom Immunology Frontier Research Center der Universität Osaka in der ersten Arbeit. Der Ansatz des japanischen Teams überwindet nicht nur die bekannte Instabilität induzierter Treg (iTreg), sondern legt auch das Fundament für zukünftige antigenspezifische Immuntherapien.

Stabilitätsproblem induzierter Tregs gelöst

Um iTregs zu erhalten, werden zunächst periphere CD4⁺-Zellen mit den Botenstoffen TGF-β und IL-2 inkubiert. Allerdings verlieren die so gewonnen Zellen häufig die Fähigkeit, den Transkriptionsfaktor Foxp3 – ein Kennzeichen der Treg – zu exprimieren, wodurch die hemmenden Funktionen dieser Zellen unter inflammatorischen Bedingungen verloren gehen. Der Grund ist, dass für die stabile Expression von Foxp3 ein Enhancerelement wichtig ist, das in demythylierter Form vorliegen muss. Das Team suchte daher nach einer Möglichkeit, dies sicherzustellen.

Dies gelang, nachdem das Team die CDK8/19-Kinase als zentralen Faktor identifiziert hatte, der sowohl die T-Zell-Differenzierung als auch die inflammatorische Reprogrammierung beeinflusst. Durch den Einsatz des selektiven CDK8/19-Inhibitors AS2863619 in Kombination mit TGF-β und IL-2 gelang es, die Foxp3-Expression dauerhaft zu stabilisieren, was die Forschenden mit verschiedenen Methoden nachweisen konnten.

Synergistische Stabilisierung durch IL-27, Retinsäure und Ascorbat

Die Forschenden kombinierten auch die CDK8/19-Hemmung mit drei anderen Reagenzien, um die epigenetische Reprogrammierung weiter zu verstärken. Dabei handelte es sich um Interleukin 27 (IL-27), all-trans-Retinsäure (ATRA) und Ascorbat (Vitamin C).

IL-27 fungierte als IL-10-induzierender Cofaktor und verstärkte die Expression von weiteren relevanten Transkriptionsfaktoren, die für eine terminale Treg-Differenzierung essenziell sind. ATRA verbesserte die DNA-Zugänglichkeit, während Ascorbat die DNA-Demethylierung unterstützt.

Das resultierende Protokoll führte zu erstaunlich stabilen, funktional induzierten Treg-Zellen (S/F-iTregs) mit einer Foxp3-Expression von > 90 Prozent, starker Suppressionsaktivität gegenüber Effektor-T-Zellen und erhöhter Resistenz gegen proinflammatorische Zytokine wie IL-6, Interleukin 1β (IL-1β) und IL-23.

In funktionellen In-vitro-Tests unterdrückten diese S/F-iTregs die Proliferation aktivierter CD4⁺- und CD8⁺-T-Zellen dosisabhängig und hemmten die Produktion inflammatorischer Botenstoffe. In einem Mausmodell für Colitis ulcerosa verhinderten diese Zellen, wenn sie den Mäusen infundiert wurden, die klinischen Symptome und die Histopathologie der Entzündung vollständig.

Translationale Perspektive: Grundlage für antigenspezifische Immuntherapien

Das Konzept wurde in der Folgearbeit von einer Forschungsgruppe um Miho Mukai von der Keio University School of Medicine in Tokio antigenspezifisch auf die Erkrankung Pemphigus vulgaris (PV) angewendet. Bei dieser schweren Autoimmunerkrankung richtet sich das Immunsystem gegen Proteine der obersten Zellschichten der Haut. In der Folge entstehen Blasen und die Haut kann sich großflächig ablösen. Verantwortlich sind Autoantikörper, die sich gegen das Zelladhäsionsmolekül Desmoglein 3 (Dsg3) richten.

Dem Team um Mukai gelang es, Dsg3-reaktive CD4⁺-T-Zellen von einem PV-Mausmodell und von PV-Patienten in S/F-iTreg umzuwandeln. Die patienteneigenen S/F-iTreg unterdrückten tatsächlich die pathogene Dsg3-Immunantwort. In dem Dsg3-induzierten Mausmodell verhinderten die S/F-iTreg-Zellen außerdem sowohl die Autoantikörperbildung als auch die typische Blasenbildung vollständig, ohne die Gesamtimmunität zu beeinträchtigen.

Die Strategie eröffnet somit einen Weg zu zellbasierten, antigenspezifischen Toleranztherapien, die gezielt pathogene Immunantworten löschen, ohne Immunsuppression zu induzieren, ein entscheidender Schritt hin zu einer präzisen Immunregulation.

In der Anwendung auf PV demonstrieren die Forschenden die klinische Relevanz dieses Prinzips, das potenziell auf andere Autoimmunerkrankungen mit definiertem Autoantigen wie Morbus Basedow oder Zöliakie übertragbar ist. Bei einer Reihe von Autoimmunerkrankungen sind aber die Autoantigene bisher noch nicht bekannt.

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