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Influenza bei Senioren

Anders krank

Menschen über 60 Jahre zeigen nicht immer die Influenza-typischen Symptome, sondern reagieren eher unspezifisch. Grund ist die nachlassende Leistungsfähigkeit des Immunsystems. Das kann die Diagnose verschleppen und damit die Prognose verschlechtern.
AutorKontaktElke Wolf
Datum 21.11.2019  11:00 Uhr

Eine Influenza bahnt sich für gewöhnlich nicht langsam den Weg, sondern ist plötzlich da – mit hohem Fieber, Husten, starken Muskel- und/oder Kopfschmerzen. Nicht unbedingt so bei älteren Menschen. Bei ihnen ist der Krankheitsverlauf oft schleichend, ein Drittel hat auch kein Fieber. Oft äußere sich eine Grippe bei ihnen dagegen nur mit akuter Verwirrtheit und allgemeiner Schwäche. »Das kann Anlass für Fehl- oder verspätete Diagnosen sein, was wiederum kompliziertere Verläufe zur Folge hat«, informiert Dr. Andreas Leischker, Impfexperte bei der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung.

Grund ist die etwa ab 50 Jahren einsetzende Immunseneszenz, also die Alterung des Immunsystems. Leischker: »Sowohl die zellvermittelte Immunität als auch die Antikörperbildung gehen dann zurück.« Im angeborenen und im erworbenen Immunsystem komme es durch Veränderungen auf molekularer und zellulärer Ebene zu einer Dysfunktion.

In den schwächelnden Abwehrreihen liegt auch der Grund für das fehlende Fieber. In einem gesunden Organismus entsteht Fieber bei einer Infektion als Reaktion auf exogene Pyrogene wie etwa Bestandteile der Bakterienzellwand. Deren Kontakt mit Makrophagen führt dazu, dass diese verstärkt Zytokine wie TNF, IL-1, IL-6 und IL-8 ausschütten. Diese endogenen Pyrogene initiieren schließlich die Aktivierung verschiedener Signalkaskaden, sodass im Hypothalamus der Sollwert für die Körpertemperatur erhöht wird. Den höheren Wert versucht der Körper dann durch verschiedene Mechanismen wie Engstellung der peripheren Blutgefäße und verstärkte Muskelarbeit durch Zittern oder Schüttelfrost zu erreichen.

»Bei Personen mit einem gealterten Immunsystem sind sowohl die Produktion der endogenen Pyrogene als auch die Reaktionen auf diese herabgefahren«, erklärt Leischker. Die Thermoregulation sei insgesamt abgeschwächt und die Körpergrundtemperatur abgesenkt.

Je älter, desto kritischer

Das nachlassende Immunsystem ist der Grund, warum eine Influenza-Infektion bei Menschen über 60 Jahre vermehrt mit Komplikationen und Todesfällen verbunden ist. Bei Patienten mit chronischen Lungen- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bei Diabetes kann eine Influenza zusätzlich für Exazerbationen ihrer Grunderkrankung sorgen. »Je älter ein Patient ist, desto kritischer werden die Krankheitsverläufe«, weiß Leischker aus seinem Praxisalltag als Chefarzt der Klinik für Geriatrie des Alexianer-Krankenhauses in Krefeld zu berichten.

Eine Influenza-Infektion erhöht massiv das Risiko, während der Erkrankung einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu bekommen. Dieser bereits seit Langem vermutete Zusammenhang gelte seit einer im vergangenen Jahr publizierten Studie im New England Journal of Medicine als bestätigt, sagt Leischker. »Danach stieg das Erkrankungsrisiko während der ersten sieben Tage der Influenza um das Sechsfache. Besonders gefährlich waren Infektionen mit Influenzaviren vom Typ B. Diese erhöhten das Myokardinfarktrisiko gar um das Zehnfache.« Umgekehrt weiß man, dass eine Grippe-Impfung auch vor einem Herzinfarkt schützt. Laut einer Metaanalyse der Cochrane Collaboration aus dem Jahre 2015 senkt die Influenza-Impfung das Myokardinfarktrisiko um 55 Prozent.

Kardial von Nutzen

Wie sieht Leischker die pathophysiologischen Zusammenhänge? »Stressereignisse können von Infizierten, deren Koronararterien mit Plaques belegt sind, weniger gut kompensiert werden. Während einer Influenza-Erkrankung steigt der Stresspegel, und der Körper reagiert mit einer Inflammation. Das begünstigt Plaquerupturen.«

Auch einen gewissen Schlaganfall-Schutz gewährt die jährliche Grippe-Impfung. »Während bereits eine Influenza-Impfung vor Myokardinfarkten schützt, bewahrt die regelmäßige Impfung zusätzlich vor Schlaganfall. Wer sich zwei Saisons hintereinander gegen Influenza hat impfen lassen, hat ein niedrigeres Risiko für schwere Verläufe und überhaupt daran zu erkranken«, informiert Leischker. Die erhöhte Schlaganfallrate hänge vermutlich mit auftretendem Vorhofflimmern zusammen. »Eine erhöhte Ansammlung von Catecholaminen wie Adrenalin und Noradrenalin im Rahmen der Influenza erhöht das Risiko von Vorhofflimmern. Und das wiederum triggert das Schlaganfallrisiko, weil beim Vorhofflimmern häufiger Thromboembolien auftreten.«

Die Grippe-Impfung ist kardial von Nutzen, das gilt auch für Herzinsuffizienz-Patienten. Das bestätigt eine aktuelle Studie der Universität Kopenhagen, die Anfang des Jahres in Circulation publiziert worden ist (DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.118.036788). Dabei hatten dänische Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz, die jährlich an der Grippe-Impfung teilnahmen, in einer landesweiten Kohortenstudie ein um fast die Hälfte niedrigeres kardiovaskuläres Sterberisiko. Die Schutzwirkung war am stärksten, wenn die Patienten sich frühzeitig in der Grippesaison – bereits im September und Oktober – impfen ließen und regelmäßig an den Impfterminen teilnahmen.

Neue Risikogruppe

Dass eine Grippe-Impfung auch für Menschen mit arterieller Hypertonie sinnvoll ist, zeigt eine aktuelle Studie der Universität Kopenhagen mit mehr als 600.000 Teilnehmern, die auf dem gerade zurückliegenden Jahreskongress der European Society of Cardiology in Paris vorgestellt wurde. Bei ihnen lag das Sterberisiko insgesamt um 18 Prozent niedriger, wenn sie gegen Grippe geimpft waren. Zwar rät die STIKO deshalb auch jüngeren Erwachsenen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zur jährlichen Grippeimpfung, die sonst erst ab dem 60. Lebensjahr empfohlen wird. Menschen mit arterieller Hypertonie ohne Endorganschäden gelten bislang jedoch nicht als gefährdet. Dem widerspricht nun die aktuelle Analyse.

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