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Unionsantrag abgelehnt

Ampel verteidigt Lieferkettengesetz

Mit ihrem Antrag, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wieder abzuschaffen, ist die CDU/CSU-Bundestagsfraktion heute gescheitert. Der namentlichen Abstimmung ging eine hitzige Debatte im Bundestag voraus.
Anne Orth
17.10.2024  17:06 Uhr

Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) für Unternehmen ab einer Größe von 3000 Mitarbeitern, seit dem 1. Januar 2024 für Unternehmen ab einer Größe von 1000 Mitarbeitern. Es verpflichtet die Unternehmen, bestimmte Sorgfaltspflichten mit dem Ziel zu beachten, dass menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken vorgebeugt, minimiert oder beendet werden. Die Unionsfraktion kritisiert, dass insbesondere vor dem Hintergrund verschiedener internationaler Krisen und Kriege der Druck auf internationale Lieferketten erheblich gewachsen und Wirtschaftsbeziehungen erschwert worden seien.

In dieser Situation überfordere die im LkSG festgelegten Berichtspflichten die Unternehmen. Die im April 2024 vom Europäischen Parlament beschlossene Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) gehe noch über die deutschen Bestimmungen hinaus, weshalb es keinen Sinn mache, von den Unternehmen zu erwarten, an den nationalen Regelungen festzuhalten und sich gleichzeitig auf die Bestimmungen der Europäischen Lieferkettenrichtlinie vorzubereiten, heißt es in der Vorlage.

»Anstatt eine weitere Umsetzung des LkSG zu begleiten, Berichte anzufordern und zu prüfen, sollten das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sowie der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte der Bundesregierung darauf ausgerichtet werden, Unternehmen in Deutschland auf die kommende Verpflichtung zur Beachtung der Europäischen Lieferkettenrichtlinie durch entsprechende Beratungsangebote vorzubereiten. Dies gilt gerade auch für mittelständische Unternehmen, die etwa durch Ausschreibungsbedingungen mittelbar von den rechtlichen Vorgaben betroffen sind«, schrieben die Abgeordneten. Das LkSG solle deshalb mit sofortiger Wirkung außer Kraft gesetzt werden, forderten sie.

412 Abgeordnete stimmten gegen Abschaffung des Gesetzes

Doch mit ihrem Antrag, das erst im vergangenen Jahr eingeführte Gesetz wieder abzuschaffen, konnte sich die Union nicht durchsetzen. Bei der namentlichen Abstimmung heute im Bundestag gab es zwar 247 Ja-Stimmen, aber die Mehrheit der Abgeordneten lehnten den Antrag ab. 412 Abgeordnete stimmten gegen den »Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten« (Lieferkettensorgfaltspflichtenaufhebungsgesetz). Ein Abgeordneter enthielt sich und 73 Abgeordnete beteiligten sich nicht an der Abstimmung.

Bei der vorangegangenen Debatte im Bundestag zeichneten Politiker der Union ein düsteres Bild der wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Die Industrieproduktion sei massiv eingebrochen, die Zahl der Insolvenzen so hoch wie lange nicht mehr, monierte der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). »Die Bilanz Ihrer Wirtschaftspolitik ist verheerend«, rief er den Abgeordneten der Ampelfraktionen zu. Mit dem Antrag zur Abschaffung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes stelle die Union einen Antrag zur Abschaffung überflüssiger Bürokratie in Deutschland, so Spahn.

»CDU will Gesetz abschaffen, das sie selbst eingeführt hat«

Carl-Julius Cronenberg (FDP) warf der Unionsfraktion »Populismus« vor. »Die CDU will ein Gesetz abschaffen, das sie selbst eingeführt hat«, kritisierte er. Die Union mache ihren Einsatz für Menschenrechte offenbar von der momentanen Wirtschaftslage abhängig. Zugleich machte Cronenberg keinen Hehl daraus, dass die Liberalen sowohl das nationale Gesetz als auch die EU-Richtlinie kritisch sehen. Verstöße würden nicht bekämpft, begründete er diese Skepsis. Die Lieferkettengesetze träfen »die Anständigen«, also den Mittelstand, so Cronenberg.

Aus Sicht von Wolfgang Strengmann-Kuhn von Bündnis 90/Die Grünen gibt es keinen Grund, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz abzuschaffen. Kern des Gesetzes seien Sorgfaltspflichten. Das LkSG verpflichte nicht kleine Betriebe, sondern lediglich große Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden zu prüfen, ob entlang ihrer Lieferketten Menschenrechte und Umweltschutz eingehalten werden. In der Realität wälzten zwar große Unternehmen diese Pflicht nicht selten auf kleine und mittlere Betriebe ab, räumte Strengmann-Kuhn ein. »Dem müssen wir einen Riegel vorschieben«, forderte er.

Dafür gebe es zwei Hebel: entweder schärfere Berichtspflichten für alle Unternehmen oder schärfere Haftungsregeln. »Die Grünen werden sich dafür einsetzen, dass die Haftungsregeln schärfer werden«, kündigte Strengmann-Kuhn an. Er warf der Union vor, sich für schärfere Berichtspflichten für alle Unternehmen eingesetzt zu haben, obwohl sie zugleich überbordende Bürokratie kritisiere. Die Ampel werde die Berichtspflichten stark vereinfachen, so der Grünen-Politiker. »Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist gut für die Lieferketten und die Wirtschaft«, machte er deutlich.

Bürokratie nicht gegen Menschenrechte ausspielen

Der SPD-Politiker Bernd Rützel warf der Union vor, die Menschenrechte abschaffen zu wollen, um Bürokratie abzubauen. Menschenrechte seien nicht verhandelbar. Sie müssten auch für Näherinnen in Bangladesch und Kinder im Kongo gelten, die seltene Erden schürften. Viele Unternehmen achteten bereits auf die Menschenrechte in den globalen Lieferketten. »Wir müssen vorbildliche Unternehmen gegen andere schützen, die nicht auf die Menschenrechte achten. Und nicht Bürokratie abbauen, indem wir die Menschenrechte abschaffen«, forderte Rützel.

Michael Gerdes (SPD) bezeichnete das LfSG als ein »gutes Gesetz«. Es müsse etwas gegen Ausbeutung von Arbeitern, gegen Kinderarbeit und massive Umweltverschmutzung getan werden. Befragungen zufolge wolle die Mehrheit der Verbraucher nachhaltiger konsumieren. »Zudem machen mehr und mehr Unternehmen gute Erfahrungen damit, dass es klare Anforderungen für alle Unternehmen gibt«. Dass die Union das LfSG wieder abschaffen wolle, zeige, dass sie die deutsche Wirtschaft in die Vergangenheit zurückkatapultieren wolle. »Die Freiheit der Wirtschaft endet dort, wo die Menschenrechte verletzt werden«, stellte Gerdes klar.

»Wir brauchen resiliente Lieferketten«, betonte Maik Außendorf (Bündnis 90/Die Grünen). Er führte Umfrageergebnisse an, wonach 73 Prozent der Unternehmen das Gesetz als Chancen sähen. 60 Prozent erwarteten dadurch Vorteile im Lieferkettenmanagement. Gute Arbeitsbedingungen führten zu mehr Qualität, argumentierte Außendorf. »Wenn wir Unternehmen im globalen Süden stärken, sind diese Anker in den jeweiligen Ländern«, so der Grünen-Politiker. Aus seiner Sicht ist die Klimakrise das größte Risiko für die weltweite Wirtschaft. Die Arbeitsbedingungen zu verbessern, sei »gelebte Geopolitik«. »Mit dem LkSG stärken wir Demokratien und bekämpfen Fluchtursachen«, sagte Außendorf. Berichtspflichten habe die Ampelregierung bereits ausgesetzt, entgegnete er auf den Vorwurf der Union, das Gesetz führe zu noch mehr Bürokratie.


 

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