Allergie-Symptome früh und konsequent behandeln |
| Daniela Hüttemann |
| 17.05.2024 09:00 Uhr |
Medikamentös sind antihistaminische Augentropfen bei Allergiesymptomen das Mittel erster Wahl. / Foto: Getty Images/RealPeopleGroup
So wie sich aus einem Heuschnupfen mit Symptomen der oberen Atemwege ein Asthma entwickeln kann, können auch allergische Symptome an den Augen dauerhaft und bei schweren Verläufen zu Sehkraftverlusten führen. Davor warnt die Stiftung Auge. Gerade bei Patienten, die nicht nur unter einer saisonalen allergischen Rhinokonjunktivitis leiden, sondern bereits unter Asthma, Neurodermitis (atopischer Dermatitis) oder einer anderen atopischen Erkrankung, verlaufe die Symptomatik am Auge häufig schwerer, erklärte dazu Professor Dr. Gerd Geerling, Direktor der Universitäts-Augenklinik Düsseldorf und Pressesprecher der Stiftung Auge, bei einer Pressekonferenz. Neben der Bindehaut könnten auch die umgebende Lidhaut und wichtige andere Strukturen des Auges, zum Beispiel die Hornhaut mit betroffen sein.
Dann könnten sehkraftbedrohende Entzündungsreaktionen auftreten. »In der Folge kommt es zum Einwachsen von Blutgefäßen in die Hornhaut oder auch zur Narbenbildung mit der Konsequenz eines Sehkraftverlustes«, so Geerling. Aber auch ohne sichtbare Entzündung könne ein teilweise fortschreitender Keratokonus entstehen. Das ist eine zunehmende Aussackung der Hornhaut, die nur schwer auszugleichen ist und in manchen Fällen mit einer Hornhauttransplantation behandelt werden muss. »Daher sollten Allergiesymptome am Auge rechtzeitig und konsequent behandelt werden, gerade auch bei Kindern«, betonte der Augenarzt.
Wer unsicher ist, ob Juckreiz, Rötung und Schwellung der Augen allergisch bedingt sind, sollte dies ärztlich abklären lassen. Augenärzte seien zwar keine Allergologen, könnten aber eine allergische Konjunktivitis gut von anderen Auslösern wie Fremdkörpern, Infektionen oder Reizung durch Kontaktlinsen unterscheiden.
»Am besten ist es natürlich, den Auslöser zu vermeiden«, so Geerling, schränkte aber gleich ein, dass sich das häufig kaum umsetzen ließe, zum Beispiel während des Pollenflugs oder wenn man auf Hausstaubmilben allergisch reagiert. Kühlen könne als erste Maßnahme helfen. Bei Pollenflug ließen sich die Augen gut auswaschen und mit unkonservierten Tränenersatzmittel pflegen.
Medikamentös sind antihistaminische Augentropfen das Mittel erster Wahl. »Sie wirken gut und schnell«, so der Augenarzt. Wenn die Tropfen aber nach zwei bis drei Wochen keine Besserung bringen, Sehstörungen oder Schmerzen auftreten oder eine Begleiterkrankung wie Immundefizienz oder Neurodermitis vorliegen, sollte der Betroffene zum Augenarzt.
»Wenn die Probleme länger und schwerer bestehen, können wir als nächstes Cortison-haltige Augentropfen verordnen oder alternativ solche mit Calcineurin-Inhibitoren wie Ciclosporin A. Letztere hätten den Vorteil, dass sie längerfristig mit weniger Nebenwirkungen einhergehen als Corticoide. Seit 2018 seien Ciclosporin-Augentropfen für Kinder ab dem vierten Lebensjahr bei schweren allergischen Augenveränderungen zugelassen. Die Nachteile dieser Augentropfen: Die Wirkung tritt mitunter erst nach sechs Wochen ein und sie verursachen ein brennendes Gefühl.
Durch die Entzündungsreaktionen werden unter anderem reaktive Aldehyde gebildet. Gegen diese ist ein Hemmstoff in fortgeschrittener Entwicklung. »Reproxalap soll Symptome lindern, indem es die Aldehyde neutralisiert«, erklärte Geerling. Er wäre der erste Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse, der sogenannten RASP-Inhibitoren, wobei RASP für reaktive Aldehydspezies steht. Der Arzneistoff soll in Form von Augentropfen angewendet werden und wird auch bei trockenem Auge geprüft. Im ersten Anlauf im November 2023 schaffte er in den USA noch nicht die Zulassung. Im März kündigte Hersteller Aldeyra Pharmaceuticals jedoch eine weitere klinische Studie für einen zweiten Zulassungsversuch an. In der EU befindet sich das Arzneimittel noch nicht im Zulassungsverfahren.
Wenn Augentropfen nicht ausreichen, sollte eine systemische Therapie durch einen Allergologen erfolgen. Das können orale Corticoide oder die Antikörper Dupilumab oder Omalizumab sein. Dabei könne Dupilumab selbst entzündliche Binde- und Hornhautreaktionen auslösen. Deshalb seien regelmäßige augenärztliche Kontrollen unter dieser Therapie wichtig.
»Ziel muss es immer sein, schwere Hornhautkomplikationen und damit einen Sehverlust oder die Notwendigkeit einer Operation zu vermeiden«, so Geerlings Fazit.