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Therapeutische Krebsimpfstoffe

Algorithmus optimiert Neoantigen-Sequenzen

Nach Ankündigungen aller Unternehmen, die mit der mRNA-Technologie bei den Impfstoffen einen Paradigmenwechsel eingeleitet haben, sich jetzt verstärkt auf tumorspezifische Impfkonzepte zu konzentrieren, geraten Teilaspekte dieses Ansatzes in den Fokus. Eine essentielle Frage betrifft das Design der als Antigene eingesetzten tumorspezifischen Neoantigene.
Theo Dingermann
13.04.2023  16:30 Uhr

Nach dem Einsatz von RNA-Impfstoffen zum Schutz vor Covid-19 konzentrieren sich die Herstellerunternehmen verstärkt auf die Entwicklung von individualisierten Krebstherapien mithilfe der mRNA-Technologie. Alle großen Unternehmen wollen in den kommenden Jahren mit entsprechenden Präparaten auf den Markt kommen. Die Basis für dieses Konzept bilden sogenannte »Neoantigene« meist als Teilsequenzen aktivierter Onkogene. 

Onkogene entstehen durch spezifische Mutationen in Proto-Onkogenen. Die von Proto-Onkogenen abgeleiteten Proteine nehmen bei der Kontrolle der Zellproliferation eine Schlüsselstellung ein. Wird diese Kontrolle durch Veränderung an den Proteinen außer Kraft gesetzt, kann dies zu einer Manifestation eines Tumors führen.

Neoantigene sind somit tumorspezifische Peptidsequenzen, die durch Mutationen entstanden sind und nur in oder auf Tumorzellen vorkommen. Sie können genutzt werden, um mRNA-Impfstoffe herzustellen, mit deren Hilfe das Immunsystem des Patienten zur Produktion aktivierter zytotoxischer T-Zellen angeregt wird, die den Tumor bekämpfen. Hierfür werden zunächst patientenspezifische Neoantigene ausgewählt, mRNA-Moleküle entwickelt, die für diese kodieren, und diese in einem Impfstoff verpackt. Im Körper des Geimpften werden die von den Impf-mRNA kodierten Peptide auf Moleküle des Haupthistokompatibilitätskomplexes (MHC) geladen, um sie T-Zellrezeptoren zu präsentieren.

Die genaue Identifizierung der Peptidfragmente, die Neoantigenstrukturen beinhalten, ist sowohl für die Entwicklung der Krebsimpfstoffe als auch für ein möglichst zuverlässiges Ansprechen auf eine Immuntherapie entscheidend. Da es sich bei den meisten somatischen Mutationen, die Proto-Onkogene aktivieren, um Ein-Nukleotid-Varianten handelt, sind die Veränderungen zwischen Wildtyp und mutierten Peptiden in der Regel subtil und erfordern eine vorsichtige Interpretation.

Sorgfältige Auswahl der Neoantigen-Sequenz ist für den Therapieerfolg entscheidend 

Dabei reicht es nicht, sich ausschließlich auf die Mutation zu konzentrieren. Eine vielfach unterschätzte Variable in Neoantigen-Vorhersage-Pipelines ist die Mutationsposition innerhalb des Peptids im Verhältnis zu den sogenannten Ankerpositionen für die spezifischen MHC-Moleküle des Patienten. Diese Aminosäurepositionen fixieren das Peptid im MHC, während die anderen Sequenzbereiche dem T-Zell-Rezeptor zur Erkennung präsentiert werden. Somit sind derartige Positionsüberlegungen für die Vorhersage von T-Zell-Reaktionen mitentscheidend. Denn die Stärke der Bindung zwischen einem Neoantigen und dem MHC hängt zu einem erheblichen Teil von den Eigenschaften der Ankerreste der Neoantigene ab.

Forschende um Dr. Huiming Xia von der Division of Oncology an der Washington University School of Medicine in St. Louis, USA, haben sich diesem Problem gewidmet und die Ergebnisse ihrer Arbeit im Fachjournal »Science Immunology« publiziert.

Sie haben Ankerpositionen für verschiedene Peptidlängen für 328 gängige HLA-Allele (bei Menschen wird der MHC als Humanes Leukozytenantigen-System, kurz HLA-System, bezeichnet) rechnerisch vorhergesagt und bei diesen einzigartige Verankerungsmuster identifiziert. Die Analyse von 923 Tumorproben zeigt, dass 6 bis 38 Prozent der Neoantigen-Kandidaten potenziell falsch klassifiziert sind, jedoch mit allelspezifischen Informationen über Ankerpositionen optimiert und somit für die Verwendung in Krebsimpfstoffen gerettet werden könnten.

Da Ankerpositionen zwischen verschiedenen HLAs erheblich variieren, entwickelten die Forschenden zur Vorhersagen der richtigen Position der Neoantigene auf der MHC-Oberfläche einen Rechenalgorithmus, den sie in der Publikation vorstellen und der für die Entwicklung personalisierter Krebsimpfstoffe genutzt werden kann.

Die Validität dieses Algorithmus überprüften die Forschenden mit einer Teilmenge der Ankerergebnisse anhand von Proteinkristallstrukturen und mithilfe von Peptid-MHC-Stabilitäts- und Konkurrenzbindungsversuchen.

Die Forschenden hoffen, durch die Einbindung von Anker-Vorhersageergebnissen in Neoantigen-Vorhersage-Pipelines den Identifizierungsprozess für relevante klinische Studien zu formalisieren und zu verbessern. »Diese Ergebnisse und Werkzeuge werden dazu beitragen, die Priorisierung von Kandidaten für Neoantigen-Impfstoffe zu rationalisieren, und können bei der Entwicklung wirksamerer Krebsimpfstoffe helfen«, schreiben die Autoren.

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