Ärzte-Vorstände wollen E-Rezept-Pflicht stoppen |
Die Vorstände der Kassenärzte in ganz Deutschland warnen vor einer baldigen, verpflichtenden E-Rezept-Einführung. / Foto: imago images/Fotostand
Die PZ hatte kürzlich von einer Beschlussvorlage aus der Gesellschafterversammlung der Gematik berichtet, in der es um die weitere E-Rezept-Einführung geht. Diese sieht vor, dass alle Apotheken ab dem 1. September dieses Jahres bereit sein müssen, E-Rezepte zu empfangen und abzurechnen. Die Ärzte werden – je nach Region – schrittweise verpflichtet. Ebenfalls ab September sollen alle Praxen in Bayern und Schleswig-Holstein nur noch digital verordnen, spätestens bis Februar 2023 sollen alle anderen Regionen folgen. Klar ist aber auch, dass hierzu noch kein Beschluss feststeht. Eine Entscheidung soll auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung getroffen werden, die Ende Mai stattfinden könnte.
Im Vorfeld dieser Versammlung versucht nun insbesondere die Ärzteschaft, die Pläne zu verhindern. In den vergangenen Tagen hatten sich bereits mehrere Standesvertretungen der Mediziner zu Wort gemeldet. In einer Mitteilung erklärte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) am heutigen Montag, dass das Bundesgesundheitsministerium auf die Gematik »einwirken« solle, um hinsichtlich der E-Rezept-Einführung »weiteren Akzeptanzverlust bei Ärzten zu verhindern«. Die Ärzte-Vorstände auf Bundes- und Landesebene seien äußerst irritiert und habe mit großem Unverständnis auf die Gematik-Pläne reagiert.
In ihrem Brief an Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) heißt es weiter: »Die Praxistauglichkeit des E-Rezepts in den Testvorhaben ist bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nachgewiesen.« Prozesse, die heute funktionieren, sollten nur dann durch andere Prozesse abgelöst werden können, wenn diese nachweislich ebenfalls reibungslos funktionieren, erklären die Vorstände.
Erst vor wenigen Wochen habe das BMG in einem Schreiben an die KBV versichert, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen in Abstimmung mit den Akteuren erfolgen und Anwendungen erst nach ausreichender Erprobung eingeführt würden. »Vor diesem Hintergrund können wir die für die Gesellschafterversammlung von der Gematik kurzfristig vorgelegte Beschlussvorlage nicht nachvollziehen«, konstatieren die Vorstände der KBV und der KVen.
Gematik-Geschäftsführer Markus Leyck-Dieken meldete sich kurz darauf via Twitter zu Wort und kommentierte den Brief der KBV folgendermaßen:
Angesichts des Briefes der KBV an Minister Lauterbach zum e-Rezept mal nur die Fakten:
— Markus Leyck Dieken (@MLeyckDieken) May 16, 2022
1. Arbeitsebene aller Gesellschafter trifft sich wöchentlich gemäß dem GSV-Beschluss zur Testphase
2. GSV hat Zielkriterien einstimmig vereinbart, die das eRX zur Einführung erreichen muss
Zur Erklärung: Die Gematik-Gesellschafterversammlung, zu der neben den Krankenkassen unter anderem auch Ärzte und Apotheker gehören, hatte schon vor mehreren Monaten Voraussetzungen beschlossen, die für einen bundesweiten Rolluot des E-Rezeptes erfüllt sein müssen. Unter anderem heißt es in dem Beschluss, dass mindestens 30.000 digitale Verordnungen den kompletten Weg von der Verordnung bis zur Abrechnung absolviert haben müssen. Die KBV kritisiert aber auch diesen Beschluss. In ihrer heutigen Mitteilung heißt es: »Die bisherige Konzeption der Gematik, die von der Fiktion ausgehe, mit 30.000 Verordnungen ohne weitere Zwischenstufen in einen bundesweiten Rolloutprozess zu überführen und auf diesem Wege einen Prozess von rund 750 Millionen Verordnungen pro Jahr ersetzen zu können, sei erkennbar zum Scheitern verurteilt und gefährde die Praxisabläufe erheblich.«
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.