Adjuvante Chemo besser wirksam mit Antibiotika |
Annette Rößler |
08.07.2025 15:00 Uhr |
Bei einem Verdacht auf ein Pankreaskarzinom kann zunächst eine Ultraschalluntersuchung erfolgen. / © Adobe Stock/Diflope
Das Pankreaskarzinom ist mit einer Gesamt-Fünf-Jahres-Überlebensrate von 11 Prozent die Krebsart mit der schlechtesten Prognose. Das liegt vor allem daran, dass es meist schon fortgeschritten ist, wenn es entdeckt wird. Laut einer Pressemitteilung der Medizinischen Universität Innsbruck kommt nur etwa jeder fünfte Patient zum Zeitpunkt der Diagnose für eine Operation in Betracht. Selbst wenn der Tumor komplett operativ entfernt werden konnte, ist das Rückfallrisiko hoch. Deshalb erhalten die meisten Patienten eine adjuvante Chemotherapie, häufig mit dem Pyrimidinanalogon Gemcitabin.
Als Teil des Magen-Darm-Trakts hat die Bauchspeicheldrüse ein eigenes Mikrobiom und auch das Tumorgewebe bei Patienten mit Pankreaskarzinom enthält meist Bakterien. Dies kann sich auf die Wirksamkeit der Chemotherapie auswirken: Forschende um Professor Dr. Steffen Ormanns, Pathologe an der Medizinischen Universität Innsbruck, konnten bereits in früheren Untersuchungen zeigen, dass eine starke Besiedelung der Bauchspeicheldrüse mit gramnegativen Bakterien die Effektivität von Gemcitabin reduziert. Denn diese Bakterien bilden eine sehr aktive Isoform des Enzyms Cytidin-Deaminase (CDD), die Gemcitabin abbaut.
In einer Folgestudie ging die Arbeitsgruppe der Frage nach, ob auch eine Besiedelung des Pankreas mit grampositiven Bakterien, deren CDD weniger aktiv ist, die Gemcitabin-Wirkung abschwächt. Dass dies der Fall ist, berichtet das Autorenteam um Erstautor Dr. Michael Günther von den Tirol Kliniken jetzt im »British Journal of Cancer«.
Im Rahmen der retrospektiven Kohortenstudie bestimmten die Forschenden in konservierten Tumorgewebeproben von 342 Patienten mit Pankreaskarzinom zunächst die bakterielle Last. Sie konnten dabei mithilfe von Biomarkern zwischen grampositiven und gramnegativen Bakterien unterscheiden, stellten jedoch fest, dass die Zahl der CDD-exprimierenden Bakterien unabhängig von diesem Kriterium anstieg, je mehr Bakterien sich im Gewebe befanden. Sie vermuteten daher, dass weniger die Zusammensetzung des Tumormikrobioms als vielmehr die Menge an Bakterien für die Wirksamkeit von Gemcitabin entscheidend sein könnte.
Anhand der Patientendaten überprüften die Forschenden, wie sich die Gabe von Antibiotika auf die Effektivität einer Chemotherapie mit Gemcitabin – also das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben (OS) – auswirkte. Erfasst wurden systemische Antibiotikatherapien, die länger als 48 Stunden dauerten und nach der Tumor-OP oder innerhalb von 30 Tagen davor begonnen wurden.
Es zeigte sich, dass Patienten mit ursprünglich hoher Bakterienlast, die antibiotisch behandelt wurden, eine ähnliche Prognose hatten wie Patienten mit niedriger Bakterienlast ohne Antibiose (PFS: 12,4 versus 15,1 Monate, OS: 29,6 versus 28,5 Monate). Am günstigsten war die Prognose für Patienten, die bei niedriger Bakterienlast mit einem Antibiotikum behandelt wurden (PFS: 34,8 Monate, OS: 56,0 Monate). Eine Stratifikation nach Antibiotika-Klassen ergab dabei die beste Wirksamkeit für β-Lactame.
»Das sind zwar retrospektiv errechnete Werte. Sie zeigen aber klar, dass eine antibiotische Therapie in Zusammenhang mit dieser Chemotherapie die Prognose der Patientinnen und Patienten deutlich verbessern kann«, so Ormanns. Ähnliche Ergebnisse einer US-amerikanischen Arbeitsgruppe untermauerten dies. Der Ansatz sei »schnell und unkompliziert in die Praxis umzusetzen« und könne möglicherweise auch bei anderen Tumorformen mit hoher Bakterienlast wie Gallengangs- oder Blasenkrebs erfolgreich sein. Die Forschenden aus Innsbruck planen derzeit eine prospektive Beobachtungsstudie und auch noch eine weitere retrospektive Studie, um die Ergebnisse zu überprüfen.