Acoramidis reduziert Mortalität und bessert Lebensqualität |
Brigitte M. Gensthaler |
29.04.2025 07:00 Uhr |
In der randomisierten doppelblinden Phase-III-Studie ATTRibute-CM wurden Wirksamkeit und Sicherheit von Acoramidis bei Patienten mit ATTR-CM untersucht (DOI: 10.1056/NEJMoa2305434). Aufgenommen wurden 632 Menschen mit Wildtyp- oder hereditärer ATTR-CM und Herzinsuffizienz der NYHA-Klassen I bis III. Die Patienten erhielten 30 Monate lang zweimal täglich 712 mg Acoramidis (n = 421) oder Placebo (n = 211).
Die primären Endpunkte waren hierarchisch geordnet: Tod jeglicher Ursache, kardiovaskulär bedingte Klinikaufenthalte, Veränderungen der Spiegel von NT-proBNP (N-terminales pro-B-Typ natriuretisches Peptid) und die Sechs-Minuten-Gehstrecke. In der Wirksamkeitsanalyse wurden in einem festgelegten Verfahren alle Patienten paarweise miteinander verglichen. Das Ergebnis war statistisch signifikant.
Die Gesamtmortalität betrug nach 30 Monaten 19,3 versus 25,7 Prozent unter Acoramidis versus Placebo. Acht von zehn Todesfällen waren kardiovaskulär bedingt, wobei Acoramidis diese Mortalität gegenüber Placebo relativ um 30 Prozent reduzierte.
Bis der Nutzen für den Patienten im Alltag spürbar wird, dauert es. Ein Vorteil von Acoramidis auf die Leistungsfähigkeit und den Gesundheitszustand, gemessen mit der Gehstrecke und einem Lebensqualität-Score, ergab sich erstmals in Monat 18 beziehungsweise Monat 3, hielt aber bis Monat 30 an.
438 Teilnehmer beendeten die Studie ATTRibute-CM und 389 gingen in die offene Verlängerungsstudie über (DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.124.072771). Dabei setzten 263 Patienten Acoramidis fort und 126 wechselten von Placebo zu Verum. Bei letztgenannten stiegen die Transthyretin-Serumspiegel sofort an. Die kürzlich veröffentlichten Daten über insgesamt 42 Monate zeigten, dass die Patienten bezüglich aller Endpunkte von der Medikation profitierten. Es gab keine neuen unerwünschten Ereignisse.
Unerwünschte Ereignisse waren in der ATTRibute-CM-Studie sehr häufig, aber ähnlich in beiden Gruppen: 98,1 und 97,6 Prozent. Am häufigsten berichtet wurden Durchfall und Gicht, die meist nicht schwerwiegend waren. Das Medikament hat keinen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.
Unter Acoramidis nahm die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) im ersten Behandlungsmonat ab und das Serumkreatinin stieg an. Die Veränderungen waren weder progredient noch mit einer Nierenschädigung verbunden und bei Therapiepause reversibel.
Die Anwendung während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen.
In vitro inhibiert Acoramidis die CYP-Enzyme 2C8 und 2C9. Daher ist Vorsicht nötig bei gleichzeitiger Anwendung von CYP2C8- und CYP2C9-Substraten mit enger therapeutischer Breite. Acoramidis ist ein BCRP-Substrat, ohne dass jedoch klinisch relevante Wechselwirkungen mit BCRP-Inhibitoren zu erwarten wären.
Bei der Behandlung der TTR-Amyloidose (ATTR) hat sich in den vergangenen Jahren viel getan und es tut sich immer noch einiges. Der neue Wirkstoff Acoramidis ähnelt dem seit einigen Jahren verfügbaren Tafamidis. Beide wirken als TTR-Stabilisatoren. Acoramidis tut dies stärker als Tafamidis. Das allein reicht aber nicht aus für eine höhere vorläufige Bewertung als Analogpräparat.
Beide Wirkstoffe sind zur Behandlung der Wildtyp- oder hereditären ATTR mit Kardiomyopathie (ATTR-CM) zugelassen. Tafamidis darf zudem bei ATTR mit symptomatischer Polyneuropathie zum Einsatz kommen. Während Tafamidis einmal pro Tag einzunehmen ist, sind bei Acoramidis zwei Einnahmen pro Tag notwendig.
Einen direkten Studienvergleich zwischen den beiden Wirkstoffen gibt es nicht. Beide funktionieren und konnten zeigen, dass sie den Patienten wirklich helfen. Sie benötigen jedoch beide einige Monate, bis sich Therapieeffekte zeigen.
Sven Siebenand, Chefredakteur