Abrysvo in der EU zugelassen |
Sven Siebenand |
28.08.2023 18:00 Uhr |
Der RSV-Impfstoff Abrysvo® soll Schwangeren verabreicht werden, die die gebildeten Antikörper gegen den Erreger an das ungeborene Kind weitergeben. Dadurch ist dieses nach der Geburt bis zum Alter von sechs Monaten geschützt. / Foto: Adobe Stock/Anna
RSV wird durch engen Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen, aber auch Schmierinfektionen durch kontaminierte Oberflächen sind möglich. In Mitteleuropa beginnt die RSV-Saison meist im November und hält bis etwa März an. Ihren Höhepunkt erreicht sie für gewöhnlich im Januar und Februar. Erkrankungsgipfel gibt es im jungen und im höheren Alter. Neben erkältungsähnlichen Symptomen kann RSV auch Atemwegsinfekte bis hin zu Bronchiolitis oder Pneumonie auslösen.
Bei Abrysvo handelt es sich um einen bivalenten Impfstoff, der zu gleichen Teilen rekombinantes RSV-Präfusions-F-Protein der beiden Untergruppen A und B enthält. Wird dieses Protein durch Antikörper ausgeschaltet, gelingt RSV die Infektion der Wirtszelle nicht mehr. Auch der Antikörper Nirsevimab, der ab September verfügbar sein wird, wirkt hier. Er ist gegen die Präfusionskonformation des RSV-F-Proteins gerichtet. Zugelassen ist Nirsevimab zur Prävention von RSV-Erkrankungen der unteren Atemwege bei Neugeborenen und Säuglingen während ihrer ersten RSV-Saison.
Abrysvo ist der erste RSV-Impfstoff, der für die passive Immunisierung von Säuglingen indiziert ist. Hierfür wird er Schwangeren verabreicht, die die gebildeten Antikörper gegen den Erreger an das ungeborene Kind weitergeben, wodurch dieses nach der Geburt bis zum Alter von sechs Monaten geschützt ist. Das Wirkprinzip kennt man zum Beispiel auch von der Pertussis-Impfung, die Schwangeren zum Schutz ihres Kindes von der STIKO empfohlen wird. Abrysvo soll als Einmalgabe zwischen Schwangerschaftswoche 24 und 36 verabreicht werden.
In der Studie MATISSE wurden die Wirksamkeit und Sicherheit der maternalen Impfung zur Vorbeugung RSV-assoziierter Erkrankungen der unteren Atemwege bei Säuglingen untersucht. 3682 Frauen wurden mit Abrysvo geimpft, 3676 erhielten eine Placeboimpfung. In den ersten 90 Tagen nach der Geburt wurde bei sechs Säuglingen, deren Mütter den RSV-Impfstoff erhalten hatten, eine schwere behandlungsbedürftige RSV-bedingte Erkrankung der unteren Atemwege festgestellt. In der Placebogruppe war dies bei 33 Säuglingen der Fall.
Abrysvo ist zudem für die aktive Immunisierung von Personen ab 60 Jahren angezeigt und wird bei diesen auch als Einzeldosis verabreicht. In dieser zweiten Indikation ist es aber nicht der erste Impfstoff. Auch der RSV-Impfstoff Arexvy® von GSK wird ab einem Alter von 60 Jahren eingesetzt. Arexvy ist seit wenigen Wochen in Deutschland verfügbar.
Wie Abrysvo-Hersteller Pfizer mitteilt, läuft die Produktion des Impfstoffes bereits. Die Firma geht davon aus, dass die Vakzine für die RSV-Saison 2023/2024 verfügbar sein wird.
Abrysvo wird zurzeit auch bei Kindern im Alter zwischen zwei und unter 18 Jahren untersucht, die ein erhöhtes Risiko haben, an RSV zu erkranken. In einer anderen Studie wird der Impfstoff bei Erwachsenen von 18 bis 60 Jahren untersucht, die aufgrund von Grunderkrankungen wie Asthma, Diabetes und COPD ein erhöhtes RSV-Risiko haben, sowie bei Erwachsenen ab 18 Jahren, die aufgrund einer Immunsuppression ein erhöhtes RSV-Risiko haben.
Damit aber noch kein Ende: Die Firma Moderna hat zum Beispiel einen mRNA-Impfstoff gegen RSV für Ältere zur Zulassung in der EU eingereicht und die Firmen Novavax und MSD befinden sich derzeit in Phase III der klinischen Erprobung ihrer Kandidaten aus der Pipeline. Clesrovimab von MSD ist wie Nirsevimab und das seit mehr als 20 Jahren bekannte Palivizumab eine passive Immunisierung für Säuglinge und Kleinkinder. Der proteinbasierte Impfstoffkandidat von Novavax soll wiederum Schwangeren verabreicht werden, damit diese die gebildeten Antikörper an ihr Kind weitergeben.