| Alexander Müller |
| 30.11.2023 13:25 Uhr |
Der GKV-Spitzenverband zieht in seinem Fehlverhaltensbericht Bilanz zum Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen. / Foto: imago images/Steinach
Weniger als die Hälfte der ermittelten Schadenssumme konnte laut GKV-Spitzenverband zurückgeholt werden. Zu einem »Brennpunkt« habe sich der Bereich der häuslichen Krankenpflege entwickelt. Die mit Abstand höchsten Forderungen von knapp 15 Millionen Euro konnten laut GKV-Spitzenverband hier gesichert werden. Laut Bericht sind in diesem Leistungsbereich aber auch die mit Abstand höchsten Schäden in Höhe von fast 30 Millionen Euro entstanden.
Der Bericht verzeichnet allerdings auch erstmals einen Rückgang verfolgter Neufälle um 17 Prozent: 23.341 gegen 28.197 Neufälle im Berichtszeitraum 2018/2019. Ebenso verringerten sich die bei den Kassen eingegangenen Hinweise auf Fehlverhalten um 6,5 Prozent auf jetzt 39.600 Hinweise.
Der GKV-Spitzenverband führt dies auch auf die Corona-Pandemie zurück, da in dieser Zeit unter anderem die Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen des Medizinischen Dienstes ausgesetzt wurden. Die Pandemie habe zudem die Hinweisprüfung und die Ermittlung von Neufällen verzögert sowie die Verfahrensdauer der verfolgten Bestandsfälle verlängert.
Mit Verweis auf die amtliche polizeiliche Kriminalstatistik der vergangenen 20 Jahre beklagt der GKV-Spitzenverband sogar einen Schaden von 1,13 Milliarden Euro durch Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen.
Im Jahr 2004 wurden Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen eingerichtet. Doch in Deutschland gebe es keine belastbaren Studien zum Dunkelfeld von kriminellem Fehlerhalten in diesem Bereich, moniert der GKV-Spitzenverband. In europäischen Nachbarländern werde hierzu schon lange geforscht. Trotz entsprechender Empfehlung der Justizministerkonferenz bleibe die Bundesregierung dennoch untätig.
Ein weiteres Problem ist aus Sicht des GKV-Spitzenverbands, dass es zu wenige Spezialeinheiten der Polizei und spezialisierte Staatsanwaltschaften gebe. Dabei sei das entscheidend für den Erfolg, weil die Materie so komplex sei. Alle 16 Bundesländer müssten auf einem einheitlich hohen Niveau ausgestattet werden. Ferner wünscht sich der Kassenverband einen besseren Schutz von Hinweisgebenden.
»Jedes Jahr gehen durch Abrechnungsbetrug und Korruption im Gesundheitswesen hohe Millionenbeträge verloren – Geld, das in dunklen Kanälen versickert, statt sinnvoll in der medizinischen Versorgung eingesetzt werden zu können«, beklagt GKV-Vize Gernot Kiefer. Es sei im allgemeinen Interesse, effektiver gegen Betrug und Korruption vorzugehen. »Dafür brauchen wir endlich eine Dunkelfeldstudie als Grundlage für ein evidenzbasiertes, wirksames Konzept zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen«, so Kiefer.
Susanne Wagenmann, Verwaltungsratsvorsitzende beim GKV-Spitzenverband, fordert von der Politik bessere rechtliche Rahmenbedingungen. »Das heißt zum Beispiel, im Zeitalter der Digitalisierung auch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernens zur Verhinderung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen zu ermöglichen.«
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