Ab wann gilt das niedrigere Apothekenhonorar? |
Die Apotheken könnten durch die Pharma-Sparmaßnahmen im GKV-Spargesetz noch weitere, heftige Negativ-Auswirkungen treffen. Ab wann gelten die Honorar-Absenkungen? / Foto: imago images/McPHOTO
Das vom Bundestag beschlossene Spargesetz enthält mehrere apothekenrelevante Sparmaßnahmen. Im Vordergrund steht der Kassenabschlag, der laut Beschluss über zwei Jahre lang von derzeit 1,77 Euro auf 2 Euro erhöht werden soll. Hinzu kommen mehrere Regelungen im Bereich der Arzneimittel-Preisbildung, die die Apotheken zumindest indirekt betreffen. Denn: Wenn beispielsweise die Preise von neu eingeführten Arzneimitteln sinken und Rabatte auf Arzneimittel ansteigen, so wie es das Gesetz vorsieht, sinkt automatisch auch die 3-Prozent-Marge der Apotheken.
Für die Apotheken ist es wichtig, möglichst früh zu wissen, ab wann die gesetzlich angeordneten wirtschaftlichen Einbußen spürbar werden. Was den erhöhten Kassenabschlag betrifft, ist mit Blick auf ein mögliches Inkrafttreten mehr Spielraum als gedacht. Dazu ist ein Blick in den genauen Gesetzestext notwendig. Dort heißt es, dass die Krankenkassen für Rx-Arzneimittel von den Apotheken im Zeitraum vom »ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats bis zum letzten Tag des 26. auf die Verkündung folgenden Kalendermonats« einen Abschlag von 2 Euro je abgegebener Rx-Packung einbehalten dürfen.
Das klingt sehr kompliziert, bedeutet aber vereinfacht, dass sich das Datum, ab dem sich der Kassenabschlag erhöht, grundsätzlich nach dem Verkündungsdatum des Gesetzes richtet. Auch dazu muss man wieder in den Text schauen: In Artikel 6 des Spargesetzes ist vorgesehen, dass das Gesetz einen Tag nach seiner Verkündung in Kraft tritt. Klar ist: Der Bundesrat muss sich am 28. Oktober noch einmal mit dem Vorhaben befassen. Bei dem Vorhaben handelt es sich zwar um ein nicht-zustimmungspflichtiges Gesetz – der Bundesrat könnte also maximal eine nochmalige Befassung des Bundestages bewirken, das Gesetz aber nicht blockieren. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Länder das Vorhaben kritisieren, ohne es jedoch nochmals in den Bundestag zu bringen – auch weil die Ampel-Koalition den Einspruch der Länder schlichtweg überstimmen könnte.
Doch selbst, wenn der Bundesrat das Spargesetz durchwinkt, ist es unwahrscheinlich, dass es schon am 31. Oktober im Bundesgesetzblatt erscheint, um am 1. November in Kraft zu treten. Realistischer ist ein Inkrafttreten bis zum 1. Dezember. Rechnet man dann die oben beschriebenen drei Monate hinzu, wäre es vorstellbar, dass der höhere Kassenabschlag ab dem 1. März 2023 gilt. Im März 2025 würde dann wieder der niedrigere Abschlag von 1,77 Euro in Kraft treten, weil die im Gesetz angegebenen 26 Monate ab dem Zeitpunkt der Verkündung gelten. Zur Erklärung: Die drei Monate vor dem Inkrafttreten des neuen Kassenabschlags wurden von der Bundesregierung im Entwurf eingebracht, damit die Rechenzentren und Software-Häuser ausreichend Zeit haben, ihre Systeme auf die neuen Berechnungen einzustellen.
Zumindest indirekt könnten die Apotheken aber auch schon vorher von den im Gesetz vorgesehenen Einsparungen getroffen werden. Denn klar ist: Alle Arzneimittelpreis-regulierenden Maßnahmen werden sich über die 3-Prozent-Marge auch auf die Apotheken auswirken. Wie hoch diese Negativ-Effekte sein werden, lässt sich schwer beziffern, denn an vielen Stellen geht es um zukünftige Preisverhandlungen. Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) rechnet mit einer Einsparungssumme in Höhe von 21 Milliarden Euro.
Klar ist: Alle Maßnahmen, die den Herstellerabgabepreis (APU) negativ beeinflussen, werden sich auch auf das Apothekenhonorar auswirken – und davon enthält das Gesetz eine ganze Reihe an Maßnahmen. Erwähnt seien hier beispielsweise die neuen Vorgaben für die Preisverhandlungen zu neuen Arzneimitteln zwischen Herstellern und Krankenkassen. Neu ist unter anderem, dass der ausgehandelte Erstattungspreis schon ab Monat 7 nach Markteintritt gilt und der niedrigere Preis somit auch früher für die Apotheken ins Gewicht fällt. Hinzu kommt, dass die Leitplanken für die Zusatznutzen-Bewertung an einigen Stellen entscheidend verändert wurden. Heißt konkret: Die Hersteller werden es künftig schwerer haben, eine hohe Zusatznutzen-Kategorie zu beweisen, was sich grundsätzlich negativ auf die Preise innovativer Arzneimittel auswirken wird – und somit auf die 3-Prozent-Marge der Apotheken. Besonders brisant ist auch ein Sonderkündigungsrecht, das den Krankenkassen hinsichtlich der Erstattungsbeträge bei neuen Arzneimitteln eingeräumt wurde. Konkret haben die Kassen das Recht, schon ausgehandelte Beträge einseitig aufzukündigen und neue, niedrigere Preise auszuhandeln. Für Orphan Drugs zur Behandlung seltener Erkrankungen wird eine wichtige Umsatzschwelle abgesenkt, was bewirkt, dass diese Arzneimittel viel häufiger in die normalen AMNOG-Preisverhandlungen einbezogen werden dürften und somit niedrigere Erstattungsbeträge zugesprochen bekommen.
Wann genau die Apotheken diese Maßnahmen zu spüren bekommen, ist nicht klar. Sicherlich wird es aber mehrere Monate dauern, bis sich die neuen Verhandlungsregeln in den Preisen innovativer Arzneimittel niederschlagen. Viel schneller könnten hingegen die im Gesetz vorgesehenen Rabattregeln wirken – auch auf die Apotheken. Der Herstellerabschlag, den die Apotheken für die Kassen eintreiben, soll insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel um 5 Prozent steigen. Hinzu kommt der neue Kombinationsabschlag in Höhe von 20 Prozent, der für alle Kombinationspräparate gilt.