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Analgetika-Asthma

Atemnot auf Aspirin

19.04.2011  16:03 Uhr

Von Annette Mende, Dresden / Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) können bei Asthmatikern schwere Anfälle auslösen. Welche Arzneimittel diesen Patienten stattdessen zur Verfügung stehen, verriet Professor Dr. Johann-Christian Virchow von der Uniklinik Rostock beim Pneumologenkongress in Dresden.

Ein Beratungshinweis für Asthmatiker, der bei keiner Abgabe von NSAR-haltigen Arzneimitteln in der Apotheke fehlen sollte, ist die Warnung vor möglichen schweren Anfällen, die nach der Anwendung auftreten können. Die Bezeichnung »Medikamenten-induziertes Asthma« ist dabei eigentlich nicht korrekt. Besser sollte man von »Medikamenten-exazerbiertem Asthma« sprechen, um zu betonen, dass das Asthma in aller Regel bereits vorher besteht, sagte Virchow. Solche NSAR-exazerbierten Asthmaanfälle sind äußerst heftig und können sogar den Status asthmaticus erreichen. Wie eine allergische Reaktion treten sie unmittelbar nach der Anwendung des Schmerzmittels auf. Anders als bei einer echten Allergie ist die Reaktion beim sogenannten Analgetika-Asthma aber nicht IgE-vermittelt, man spricht deshalb auch von einer Pseudo-Allergie. Sie lässt sich über den Wirkmechanismus der NSAR erklären: Durch die Hemmung von Cyclooxygenasen (COX) wird Arachidonsäure verstärkt von der Lipoxygenase in Leukotriene umgewandelt, die den Asthmaanfall auslösen.

Grundsätzlich können alle COX-Hemmer Asthmaanfälle verursachen. »Am stärksten reagieren die Patienten auf Indometacin, während Paracetamol als COX-3-Hemmer in großen Dosen vertragen wird«, berichtete Virchow. Ebenfalls unproblematisch sind meist die Coxibe, doch sollte bei bekannter Überempfindlichkeit gegen NSAR zumindest die Ersteinnahme unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. »Beim Analgetika-Asthma handelt es sich um eine Alles-oder-nichts-Reaktion«, betonte Virchow. »Wer einmal mit einer Exazerbation auf ein NSAR reagiert hat, bei dem ist nach jeder Folgeanwendung wieder damit zu rechnen.« Das gelte auch für die großflächige Anwendung von NSAR-haltigen Externa. Der Pneumologe berichtete von einer Patientin, die einen schweren Asthmaanfall erlitt, nachdem sie sich wegen eines Muskelkaters am ganzen Körper mit Diclofenac-Gel eingerieben hatte. Die heftige Reaktion auf entsprechende Analgetika könne auch durch die Einnahme des Leukotrien-Antagonisten Montelukast nicht verhindert werden.

 

»Etwa 3 bis 5 Prozent der Asthmatiker haben schon einmal einen Analgetika-bedingten Asthmaanfall erlebt«, informierte Virchow. Auf einen Provokationstest reagierten aber deutlich mehr Patienten mit einer Exazerbation, nämlich 6 bis 15 Prozent. Bei einem solchen Test wird dem Patienten Acetylsalicylsäure (ASS) unter kontrollierten Bedingungen entweder nasal oder inhalativ verabreicht. Bei beiden Applikationswegen sind falsch-positive Ergebnisse möglich: Die nasale Provokation ist relativ unspezifisch und bei der Inhalation kann allein schon die Säure ASS einen Asthmaanfall provozieren. Die theoretisch ebenfalls mögliche intravenöse Provokation kommt Virchow zufolge nicht infrage, da die Reaktion dabei zu heftig ausfällt.

 

Meist fehlt Patienten mit Analgetika-Asthma der Geruchssinn (Anosmie), sie können aber schmecken. Die Asthma-Erkrankung manifestiert sich meist früh und nimmt einen schwereren Verlauf als bei Asthmatikern ohne Überempfindlichkeit auf NSAR. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Dem Experten zufolge lässt sich die Toleranzschwelle zum Beispiel für ASS mit einer vorsichtigen schrittweisen Dosissteigerung des Analgetikums erhöhen. Wie die Hyposensibilisierung bei einer echten Allergie muss auch die von Virchow sogenannte »Deaktivierung« des Analgetika-Asthmas in der Arztpraxis erfolgen, da eine Exazerbation nach der Behandlung jederzeit möglich ist. »Grundsätzlich sollte aber nicht die Deaktivierung das Ziel der therapeutischen Anstrengungen sein, sondern die bestmögliche Versorgung der zugrunde liegenden Asthma-Erkrankung«, schloss der Pneumologe. / 

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