3D-gedruckte Tabletten gegen Übelkeit |
Daniela Hüttemann |
06.05.2025 10:30 Uhr |
Die Wirkstoffmasse wird durch Erwärmen verflüssigt, um die gummiartigen Tabletten drucken zu können. / © UKE/Eva Hecht
Kaum hörbar surrt der Druckkopf über die Silikonmatte. Schicht für Schicht trägt die Düse die rot gefärbte Masse auf. Gerade einmal 40 Sekunden dauert es, bis eine der Tabletten gedruckt ist. Sie sehen aus wie rote Gummiherzen und haben auch eine ähnliche Konsistenz – wie weiches Fruchtgummi. »Die Form ist reine Spielerei«, erklärt Apotheker Dr. Adrin Dadkhah, Co-Leiter Forschung und Lehre der Klinikapotheke des UKE. Aus der wirkstoffhaltigen Masse könne, entsprechend am Computer programmiert, jede beliebige Tablettenform entstehen.
Es Tabletten erinnern von Konsistenz und Farbe an Fruchtgummi. / © UKE/Eva Hecht
Ob die Herzform die Akzeptanz weiter erhöht, kann später evaluiert werden. Erst einmal geht es darum, den Kindern, die sich ohnehin einer belastenden Chemotherapie unterziehen müssen, die Einnahme von Dexamethason zu erleichtern. »Glucocorticoide gehören zu den besonders bitteren Arzneistoffen«, erläutert Dadkhah. »Zudem müssen klassische Dexamethason-Tabletten für die pädiatrischen Onkologie-Patienten geteilt und kombiniert werden. Das ist hochgradig fehleranfällig. Gemeinsam mit den ärztlichen Kollegen haben wir überlegt, wie wir es den Kindern und der Pflege leichter machen können.«
»Aktuell untersuchen wir in einer Studie die Akzeptanz unserer ersten Rezeptur bei Patienten zwischen sechs und 18 Jahren auf der Kinderkrebsstation«, berichtet der Klinikapotheker beim Besuch der Pharmazeutischen Zeitung, während er die Maschine zur Demonstration sechs rote Herzen drucken lässt. Die Patienten bekommen Dexamethason zur Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen supportiv zu ihrer Chemotherapie. Für die Studie druckt die Apotheke aus Neutralitätsgründen runde Tabletten. Zusammensetzung, Konsistenz, Farbe und Geschmack sind jedoch gleich.
»Die große Herausforderung war die Entwicklung der Rezeptur und des Verfahrens«, berichtet Dadkhah, dem das Tüfteln daran sichtlich Spaß gemacht hat. Die Anforderungen klingen wie die Quadratur des Kreises: Das Ziel war eine patientenindividuell dosierte Tablette, die leicht zerkaut werden kann und den bitteren Geschmack des Arzneistoffs maskiert. Die wirkstoffhaltige Masse muss auf 75 °C erhitzt werden, um während des Druckvorgangs zu fließen, ohne zu stocken. Fließgeschwindigkeit und Menge müssen mit der gewünschten Größe für die exakte Dosierung in Einklang gebracht werden.
Gleichzeitig müssen die Tabletten beim Abkühlen so fest werden, dass man sie in die Hand nehmen, verpacken, lagern und transportieren kann, ohne dass sie zerfallen. Beim Zerkauen müssen sie sich wiederum schnell lösen und sollen nicht zwischen den Zähnen kleben bleiben.
Dr. Adrin Dadkhah und seine Kollegen aus der Klinikapotheke des UKE haben lange an der optimalen Zusammensetzung der Grundmasse getüfelt. / © UKE/Eva Hecht
Es erforderte zahlreiche Versuchsreihen, bis all diese Parameter stimmten. Dabei mussten auch passende Maskierungs- und Konservierungsmittel gefunden werden. Die Masse basiert auf Gelatine und enthält das für Kinder geeignete Kaliumsorbat, roten Farbstoff und Aroma. Die Tabletten seien nur »leicht bitter im Abgang« und damit deutlich wohlschmeckender als zur Verfügung stehende Fertigarzneimittel.
Die genaue Zusammensetzung der Rezeptur stellt die UKE-Apotheke übrigens anderen Apotheken gern zur Verfügung. Allerdings ist das Verfahren auf den verwendeten 3D-Drucker optimiert (M3dimaker der Firma FabRx). Grundsätzlich gibt es verschiedene Verfahren für den 3D-Druck von Arzneimitteln.