Valsartan und Lunapharm: Linke will nicht nur schöne Worte |
Mit Blick auf die jüngsten Vorfälle um gestohlene oder verunreinigte Medikamente will die Linksfraktion den Druck auf die Bundesregierung erhöhen. Diese habe bislang nicht viel getan, um die Sicherheit für die Patienten zu erhöhen, sagte Linken-Arzneimittelexpertin Sylvia Gabelmann.
Erst vor wenigen Wochen war der Fall Lunapharm ans Licht gekommen. Der brandenburgische Arzneimittelhändler soll gestohlene Krebsmedikamente aus Griechenland vertrieben haben. Da die Präparate möglicherweise falsch gelagert wurden, könnten sie unwirksam geworden sein. Brandenburgs Gesundheitsbehörde war den Vorfällen offenbar zunächst nur zögerlich nachgegangen und hatte erst vor Kurzem durchgegriffen.
Gabelmann sieht an dieser Stelle zumindest eine Teilschuld bei den Behörden. Es sei zwar nicht ausgeschlossen, dass kriminelle Banden hinter den Vorfällen steckten. Aber: «Die Arzneimittelaufsicht, die in Deutschland seit 2012 bei den Bundesländern liegt, ist unterschiedlich gut beziehungsweise schlecht mit Personal ausgestattet und kann so ihrer Kontrollfunktion oft nicht nachkommen.» Die Linke fordert daher eine zentrale Aufsichtsbehörde. Nur so könnten effektive und unabhängige Qualitätskontrollen erfolgen, «am besten vereinheitlicht und arbeitsteilig vernetzt mit den Aufsichtsbehörden anderer EU-Staaten», heißt es.
Von einem «sträflichen Versagen der Aufsichtsbehörden» spricht Gabelmann auch in einem weiteren Fall. Anfang Juli hatten Aufsichtsbehörden in Europa zahlreiche Präparate zurückgerufen. Sie beinhalteten den Wirkstoff Valsartan aus der Produktion eines chinesischen Herstellers. Wie spätere Analysen bestätigten, enthielten die Arzneimittel den potenziell krebserregenden Giftstoff N-Nitrosodimethylamin (NDMA). Inzwischen wurden entsprechende Verunreinigungen auch in einzelnen Chargen eines weiteren chinesischen Produzenten gefunden. Von den Rückrufen könnten Medienberichten zufolge rund 900.000 Patienten allein in Deutschland betroffen sein.
Im Rahmen einer Kleinen Anfrage verlangt die Linksfraktion nun Antworten von der Bundesregierung zu Valsartan. So möchte sie wissen, inwieweit die Koalition von einer konkreten Gesundheitsgefährdung der Patienten ausgeht, insbesondere mit Blick auf zusätzliche Krebsfälle. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA war zuletzt davon ausgegangen, dass es zu einem zusätzlichen Krebsfall pro 5000 betroffenen Patienten kommen kann. Zudem fragt sie nach genauen Details, inwiefern es vor und während der Vermarktung eines Arzneimittels unabhängige Kontrollen mit Blick auf die Qualität gibt.
Seit Jahren verlagert sich die Wirkstoffproduktion verstärkt nach Fernost. Von der Regierung verlangt die Linksfraktion eine Einschätzung, inwiefern der Preisdruck durch die Rabattverträge diese Entwicklung befördert. Konkret möchte sie außerdem wissen, wie hoch der Anteil von Wirkstoffen aus Indien und China in den in Deutschland vermarkteten Arzneimitteln ist.
Die Bundesregierung müsse erläutern, wie sie künftig ein «Kontrollversagen» wie im Fall Valsartan verhindern will, so Gabelmann. Man wolle Druck machen damit es «nicht nur bei schönen Worten» bleibt. Eine Antwort aus dem Gesundheitsministerium gibt es bislang nicht. (sch)
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16.08.2018 l PZ
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