Krätze: Studie soll Daten zur Häufigkeit liefern |

Glaubt man aktuellen Einschätzungen, ist die Krätzen wieder im Kommen. «Der Eindruck, dass die Häufigkeit zugenommen hat, ist deutlich», sagt Professor Dr. Cord Sunderkötter, Direktor der Dermatologie am Universitätsklinikum Halle (Saale). Niedergelassene Hautärzte und Hautkliniken berichteten von steigenden Patientenzahlen. Die Barmer-Krankenkasse veröffentlichte kürzlich Daten, wonach ihren Versicherten 2017 im Schnitt 60 Prozent mehr Krätze-Medikamente verschrieben wurden als 2016. Nicht jeder Patient, dem ein Mittel verschrieben werde, sei wahrscheinlich auch wirklich mit Skabies-Milben befallen, gibt Sunderkötter jedoch zu bedenken. Zudem könnten manche Menschen mehrere Verordnungen bekommen. Sunderkötter, der auch an der Leitlinie zur Krätze mitgeschrieben hat, arbeite gerade mit Kollegen an einem Konzept für eine Studie, um belastbare Zahlen zu bekommen.
Klar ist: Die unter Fachleuten Skabies genannte Krankheit kann jeden treffen. Milben sind der Auslöser. Sie werden durch engen Hautkontakt weitergegeben. Übertragen wird die Krätze daher meist zwischen Kindern und ihre Eltern, Partnern oder auch pflegebedürftigen Personen und ihren Betreuern. Während Menschen mit einer gewöhnlichen Skabies oft nur von einigen Dutzend Milben befallen sind, können es bei der schwereren Krustenskabies Millionen dieser Tiere sein.
Die an manchen Körperarealen dünne, warme Haut wie etwa an Fingerzwischenräumen und Knöchelregionen oder am Nabel und am Gesäß, wird von den kaum erkennbaren Spinnentieren bevorzugt. Sie bohren sich in die obere Schicht der Haut. Die Weibchen legen dort Gänge an und ihre Eier oder auch Kot ab. Die Immunreaktion löst den starken Juckreiz aus. Bläschen, gerötete Knötchen und die typischen Muster der Gänge gelten als weitere Anzeichen. Patienten mit schwachem oder unterdrücktem Immunsystem verspüren oft keinen Juckreiz, die Krankheit kann sich daher lange unbemerkt ausbreiten.
Nach Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind 300 Millionen Menschen an Krätze erkrankt. Wie viele es hierzulande sind, weiß niemand. Eine umfassende Meldepflicht gibt nicht. Nur Einrichtungen, in denen sich die Krätze schnell ausbreiten kann, müssen Ausbrüche an die Gesundheitsämter melden: Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Flüchtlingsheime oder auch Gefängnisse. Weil diese ihre Daten aber nicht an Landesbehörden oder das Robert-Koch-Institut (RKI) weiterleiten müssen, ist selbst hier unklar, wie die bundesweite Lage aussieht. Das RKI spricht von einer «sehr lückenhaften Datenlage». Trendanalysen seien nicht möglich.
Für die steigenden Skabies-Zahlen werde immer wieder auch die wachsende Zahl der Flüchtlinge als Erklärung ins Spiel gebracht, so Sunderkötter. Vermutlich komme die Krankheit unter Flüchtlingen bei ihrer Ankunft in Deutschland auch häufiger vor als im Bevölkerungsdurchschnitt. Doch es seien medizinische Untersuchungen vorgeschrieben. Und der Kontakt zur einheimischen Bevölkerung sei meist nicht so eng, dass er einen Anstieg erkläre.
Lesen Sie dazu auch
Barmer: Bundesweit mehr Krätze-Mittel verordnet, Meldung vom 13.03.2018
Mittel gegen Krätze: Richtig anwenden, Resistenz vermeiden, PZ 47/2017
14.05.2018 l PZ/dpa
Foto: Fotolia/Evgeniy Kalinovskiy