Notfälle: Gemeinsame Leitstelle für 112 und 116117 angedacht |
Die Notaufnahmen sind überlastet, das medizinische Personal ist frustriert: Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) hat Vorschläge für Verbesserungen gesammelt und jetzt vorgestellt. Die Experten plädieren für Leitstellen, die unter einer zentralen Nummer erreichbar sein sollten. Separate Rufnummern für den Rettungsdienst (112) und den Ärztlichen Bereitschaftsdienst (116117) sollen entfallen. Die telefonische Beratung soll (etwa auch durch Ärzte in der Leitstelle) besser werden.
Letztlich sollen die Anrufer gezielt gesteuert werden: Benötigen sie einen Notarzt, den Hausbesuch eines Bereitschaftsarztes oder genügt ein Hausarztbesuch am nächsten Tag? So könnten die Notaufnahmen um 20 bis 30 Prozent entlastet werden, sagte Marion Haubitz vom SVR. Aktuell würden der Kapazitäten der Notaufnahmen «überfahren». Auch die Techniker Krankenkasse (TK) hatte eine gemeinsame Leitstelle für 112 und 116117 vorschlagen.
Ein zweiter zentraler Vorschlag des Gremiums sind sogenannte integrierte Notfallzentren an den Krankenhäusern. Sie sollen ähnlich wie eine Telefonleitstelle die drei Bereiche Rettungsdienst, Ärztlicher Bereitschaftsdienst und Klinikambulanz kombinieren. Es brauche einen Eingang mit einem Tresen, betonte der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Ferdinand Gerlach. Konkret sollten diese Zentren von Kassenärztlichen Vereinigungen und Kliniken gemeinsam getragen werden. Der Betrieb sollte durch die Kassenärzte erfolgen. So sollen Anreize für die Krankenhäuser vermieden werden, mehr Patienten stationär aufzunehmen als vielleicht nötig ist.
Der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, begrüßte die Vorschläge. Es sei wichtig, dass eine erste Einschätzung zur Schwere der Krankheit und anschließende Wegweisung der Patienten in einer Anlaufstelle erfolge. Niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser müssten diese Aufgabe künftig gemeinsam wahrnehmen. Die Techniker Krankenkasse (TK) sprach sich ebenfalls dafür aus, sogenannte Portalpraxen zu errichten, um den Patientenstrom besser steuern zu können. Ähnlich äußerte sich der Vize-Vorstandsvorsitzende vom GKV-Spitzenverband, Johann-Magnus von Stackelberg: «Wenn sich Ärzte und Kliniken darum streiten, wer ein größeres Stück vom Notfallkuchen bekommt, ist niemandem geholfen.»
Aus Sicht des SVR sollte es außerdem zur Entlastung der Notaufnahmen mehr Anreize für Hausärzte geben, ihre Praxen länger zu öffnen. Zudem sollte die Vergütung des Rettungsdienstes geändert werden: Anstatt wie bisher nur die Transportleistung abzurechnen, sollte man die medizinische Leistung honorieren. Im zweiten Quartal 2018 will der SVR seine Empfehlungen dem Bundesgesundheitsministerium übergeben. Auch Bundestag und Bundesrat bekommen die Vorschläge übermittelt.
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08.09.2017 l dpa
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