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ABDA, Wirtschaft, Opposition

100 Tage Warken – erste Bilanz

Die schwarz-rote Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist seit dem 6. Mai im Amt und hat nun die berühmte 100-Tage-Grenze überschritten. Wie zufrieden sind Opposition und Wirtschaft mit der Arbeit des Gesundheitsministeriums?
Alexandra Amanatidou
13.08.2025  12:00 Uhr

Als bekannt wurde, dass Nina Warken (CDU) Gesundheitsministerin wird, wurde im politischen Berlin viel darüber diskutiert, ob es bei einem solchen Posten gesundheitspolitische Erfahrung und Fachwissen oder vielleicht eher ein unverstellter Blick von außen von Vorteil sind. Die Juristin Warken galt als Überraschung im Merz-Kabinett. Kurz vor der Nominierung wurde der heutige Parlamentarische Staatssekretär Tino Sorge (CDU) als Gesundheitsminister heiß gehandelt.

Die ersten 100 Tage sind jetzt um, eine erste Bilanz wird gezogen. Dazu hat die PZ Stimmen aus Politik und Wirtschaft eingeholt. 

Piechotta: Warken als »Wortbruchministerin«

Warken sei zur Wortbruchministerin geworden, so die Bilanz der grünen Politikerin Paula Piechotta. »Versprechen zur Stabilisierung von Kranken- und Pflegeversicherung hat sie gebrochen. Sie wirkt im Amt schwach, kann sich nicht durchsetzen und hat sich mit ihrem Schulterschluss zu Jens Spahn selbst in die Defensive manövriert«, teilte die Politikerin auf Anfrage der PZ mit.

Das Vertrauen der Menschen sinke. Ohne grundlegende Reformen in dieser Legislaturperiode drohe das System zu scheitern. »Statt Maßnahmen gegen die drohende Kostenexplosion vorzulegen, verwässert sie die Krankenhausreform und senkt Qualitätsziele.« Aus Sicht der grünen Politikerin verspielt die Ministerin nicht nur Zeit, sondern auch die Chance auf eine nachhaltige Sicherung des Gesundheitssystems.

Auch Ates Gürpinar (Die Linke) rückt den Skandal um den ehemaligen Gesundheitsminister und Unionsfraktionsvorsitzenden Jens Spahn in den Mittelpunkt. »Bereits nach den ersten 100 Tagen liegen im Gesundheitsministerium die Nerven blank. Schon jetzt wirkt Warken als Getriebene«, sagte Gürpinar auf Anfrage der PZ.

Gürpinar kritisiert zudem das »riesige Finanzierungsloch« in der GKV und die beschlossenen Darlehen für die Krankenkassen – eine Entwicklung, die auch bei den Krankenkassen auf Kritik gestoßen ist. Auch ihr Vorhaben, Onlineverschreibungen und den Versand von Cannabisblüten zu verbieten, sieht Gürpinar kritisch.  »Es wird erstmal versucht, die Mini-Erfolge der Ampel wie die Cannabislegalisierung wieder zurückzudrehen.« Wirkliches Handeln in den wichtigsten Punkten sei nicht erkennbar.

Obwohl die Regierung gute Ansätze im Koalitionsvertrag zu den Apotheken habe, ist der linke Politiker skeptisch. »In Anbetracht der Finanzierungslücken warten wir auf die Gesetzesentwürfe. Das Ergebnis muss eine Stärkung des Apotheker*innenberufs und eine Verbesserung der Versorgung von Patient*innen sein. Das geht nicht zum Nulltarif.«

100 Tage Warken: Was denken Pharmaindustrie und Apotheken darüber?

Aus der Wirtschaft und der Apothekerschaft kommt vor allem Lob für die neue Gesundheitsministerin. »Ich freue mich, dass die Apotheken vor Ort für die Ministerin ein zentraler Teil der Gesundheitsversorgung sind«, sagt etwa ABDA-Präsident Thomas Preis auf Anfrage der PZ. »Mit Gesundheitsministerin Warken bietet sich dem Gesundheitssystem die Chance, notwendige Reformen entschlossen anzugehen und es patientenorientiert weiterzuentwickeln.«

Aus ihrem ländlich geprägten Wahlkreis kenne die Ministerin die Bedeutung der Apotheken für die wohnortnahe Arzneimittelversorgung. Im Rahmen der geplanten Apothekenreform sei sie offen für den konstruktiven Dialog. Bereits Mitte Juli haben sich Preis und Warken getroffen und sich über die Apothekenreform ausgetauscht

Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) scheint mit dem Ministerium zufrieden zu sein. »Die ersten 100 Tage lassen eine vorsichtig optimistische Zwischenbilanz für die schwarz-rote Bundesregierung zu«, sagt der BPI-Hauptgeschäftsführer Kai Joachimsen auf Anfrage der PZ. Das steuerliche Investitionsprogramm, das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität sowie die Hightech-Agenda seien wichtige Weichen für die Gesundheitswirtschaft. 

»Erfreulich war auch, dass bereits im Koalitionsvertrag zentrale Herausforderungen unserer Branche adressiert wurden«, so Joachimsen. Manche Fördermaßnahmen finden sich laut BPI in den Kabinettsbeschlüssen zu den Bundeshaushalten 2025 und 2026 wieder. Diese müssten mit einer »klaren und ressortübergreifenden Gesamtstrategie« für Innovationen, Versorgungssicherheit und Standortstärkung versehen werden. »Besonders wichtig für unsere Industrie ist jetzt, dass der angekündigte Pharmadialog fortgesetzt wird und nach der parlamentarischen Sommerpause zügig startet.« Es gab dennoch einen Kritikpunkt: »Eine nachhaltige Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bleibt überfällig.«

AOK sieht zwiespältige Bilanz 

Zu den ersten Tagen von Warken im Amt hat Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, ein kurzes Statement gegeben: »Die erste Bilanz der Bundesgesundheitsministerin nach 100 Tagen ist eher zwiespältig.« Die Gesundheitsministerin habe zum Amtsantritt sehr deutlich signalisiert, dass sie die Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung angehen und insbesondere die Ausgabendynamik im Gesundheitswesen schnell in den Griff bekommen wolle. Das sei sehr positiv gewesen.

»Konkrete Vorschläge oder Maßnahmen zur Verbesserung der Situation lassen aber weiter auf sich warten oder sind in Kommissionen verschoben«, so Reimann. Die geplanten Darlehen des Bundes zur Überbrückung der finanziellen Notlage seien keine wirkliche Lösung. »Vor allem bei der dringend notwendigen Begrenzung der Ausgabenentwicklung in der Krankenversicherung sind aktuell keine ernsthaften Bemühungen erkennbar, das Gesundheitswesen effizienter und wirtschaftlicher aufzustellen.«

Kritik kommt auch von der Deutschen Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten (DANK). In einer Pressemitteilung teilte DANK mit, dass politisch bislang viel zu wenig in Bewegung gekommen sei. »Nach 100 Tagen verfestigt sich der Eindruck, dass zwar gern und viel über Prävention gesprochen wird, politisch aber noch immer keine oder die falschen Schlüsse gezogen werden«, sagte Barbara Bitzer, DANK-Sprecherin und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). DANK ist ein Zusammenschluss von 23 wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, Verbänden und Forschungseinrichtungen, der sich für die Prävention nichtübertragbarer Krankheiten in Deutschland einsetzt.

Gesundheitsministerium: Was erreicht worden ist und was noch kommt

Was nach 100 Tagen Warken feststeht, ist, dass die neue Gesundheitsministerin den Dialog mit der Pharmaindustrie und den Verbänden im Gesundheitswesen gesucht hat. Auch ein »Apothekenpraktikum« hat Warken erfolgreich absolviert. Sie hat bereits mehrfach auf Veranstaltungen ihre Vorhaben skizziert, etwa beim Deutschen Ärztetag in Leipzig und beim Hauptstadtkongress (HSK) in Berlin. Auch beim Rat für Beschäftigung, Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) der Europäischen Union setzte sich Warken für die Interessen der Gesundheitsindustrie ein. 

Insgesamt kommt die Umsetzung des Koalitionsvertrags jedoch nur schleppend voran, und die großen Probleme des Gesundheitssystems werden nicht angemessen behandelt. So wurde aus der »Finanzspritze« für die Soziale Pflegeversicherung (SPV) und die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ein Darlehen. »Das ist keine nachhaltige Lösung«, beklagen die Krankenkassen. Auch die Apotheken wissen nicht, wann genau das neue Apothekenpackungsfixum erhöht oder wann das Skonti-Verbot aufgehoben wird.

Was genau in den nächsten 100 Tagen passieren wird, lässt sich nicht vorhersagen. Sicher ist jedoch der Besuch von Nina Warken auf der Expopharm und dem Deutschen Apothekertag. »Es ist ein Zeichen der Wertschätzung für unseren Berufsstand, dass Frau Ministerin Warken auf dem Deutschen Apothekertag ein Grußwort an die Delegierten richten wird und ihre Reformideen mit uns gemeinsam besprechen wird«, sagte Preis. Die Ministerin hat angekündigt, zumindest mit Eckpunkten nach Düsseldorf zu kommen.

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