Zweiter H5N1-Stamm bei Kühen nachgewiesen |
Christina Hohmann-Jeddi |
11.02.2025 11:00 Uhr |
Bei Milchkühen in den USA ist ein zweiter Genotyp des hochansteckenden Vogelgrippevirus H5N1 nachgewiesen worden. / © Getty Images/Bloomberg Creative
Eine zweite Variante des Vogelgrippevirus Influenza-A(H5N1) ist bei Milchkühen in den USA nachgewiesen worden. Das teilte das US-Landwirtschaftsministerium mit. In Nevada habe das Ministerium Ende Januar den Genotyp D1.1 der Klade 2.3.4.4b von H5N1 in Proben von Milchkühen nachgewiesen. Die früheren Infektionen bei Rinderherden, die in den USA seit dem Frühjahr 2024 beobachtet wurden, gehen hingegen auf den Genotyp B3.13 zurück. D1.1 sei zurzeit der vorherrschende Genotyp auf den nordamerikanischen Flugrouten von Wildvögeln und bei Wildvögeln, Säugetieren und bei Hausgeflügel nachgewiesen worden, informiert das Ministerium.
Damit handelt es sich um den zweiten Eintrag des Vogelgrippevirus von Vögeln auf Rinder innerhalb eines Jahres. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, zeigt sich alarmiert. »Dass beide Ereignisse innerhalb eines Jahres in den USA erfolgten, ist als kritisch zu bewerten und weist auf die Möglichkeit solcher Übersprünge hin«, teilte das FLI mit.
Wie das Virus in die Rinderherden eingetragen wurde, sei in beiden Fällen unklar. »Die Ausbreitung des Virus aus dem ersten Eintrag in Milchkühe in den USA durch HPAI H5N1 der Klade 2.3.4.4b, Genotyp B3.13, konnte bisher nicht endgültig gestoppt werden. Umso wichtiger wäre es jetzt, Lehren aus den Vorgängen des letzten Jahres zu ziehen und eine Verbreitung des Genotyps D1.1 durch sofortige, landesweite und konsequente Maßnahmen einzudämmen«, heißt es vom FLI.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt der Virologe Professor Dr. Martin Schwemmle vom Universitätsklinikum Freiburg: »Dieser zweite Eintrag von H5N1 bei Milchkühen in den USA ist eine Warnung, dass diese Viren auch in Zukunft die Artenbarriere überwinden können. Leider ist die Ursache für die Infektion dieser Tiere unklar, aber wir müssen davon ausgehen, dass dies jederzeit auch in Europa oder Deutschland passieren kann.« Entsprechend fordert das FLI, die Biosicherheit in Rinderbeständen weiter ernst zu nehmen. Unklare Fälle von Euterentzündungen sollten diagnostisch abgeklärt werden.
Von den Kühen kann das Virus auch in den Menschen gelangen: In den USA infizierten sich inzwischen laut Angaben der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC mindestens 67 Menschen mit H5N1, die Mehrheit mit der Variante B3.13. Die meisten Infizierten entwickelten milde Symptome. Eine Person starb an den Folgen der Infektion. Der Vogelhalter hatte sich mit der neuen Variante D1.1 infiziert. Auch ein Mädchen in Kanada infizierte sich mit dem neuen Genotyp und erlitt einen schweren Krankheitsverlauf. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung wurde bislang nicht nachgewiesen.
»Die Varianten unterscheiden sich im Genom«, sagt Schwemmle. Wie sich die Unterschiede auswirkten, sei aber noch unklar. »Es ist noch zu früh, um zu beurteilen, ob diese neue Variante bei Milchkühen schneller zu Erkrankungen führt, aber die Krankheitssymptome von D1.1 und B3.13 scheinen vergleichbar zu sein.«
Sorge bereitet Professor Dr. Barbara Wieland vom Institut für Virologie und Immunologie am Eidgenössischen Departement des Innern in der Schweiz vor allem eine spezielle Mutation von D1.1. Die Variante weise eine Mutation im Polymerase-basic-2-Protein (PB2-Mutation) auf, die eine Virusvermehrung in Säugetieren erleichtern könnte. Eine Weiterverbreitung des Virus in Kühen, aber auch in Geflügel müsse jetzt effektiv verhindert werden. »Entscheidend ist, dem Virus möglichst wenig Gelegenheit zu geben, sich weiter an Säugetiere anzupassen.«