Zulassungsempfehlung für Givinostat |
Sven Siebenand |
28.04.2025 14:30 Uhr |
Die Diagnose der Duchenne-Muskeldystrophie wird in der Regel im Kleinkindalter gestellt. Die Gehfähigkeit nimmt im Laufe der Zeit ab und die Patienten sind auf einen Rollstuhl angewiesen. / © Adobe Stock/Gaysorn
Die Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) ist eine seltene Krankheit, die durch Mutationen im Dystrophin-Gen verursacht wird. Diese haben die Folge, dass kein funktionsfähiges Dystrophin-Protein vorhanden ist. Dadurch sind die Muskelfasern sehr verletzungsanfällig. Die ständigen Muskelverletzungen führen zu chronischen Entzündungen, Beeinträchtigung der Muskelregeneration und letztlich zum Ersatz der Muskeln durch Binde- und Fettgewebe.
Die ersten Symptome der Erkrankung treten in der Regel zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr auf. Sie verschlimmern sich im Lauf der Zeit und beeinträchtigen die Gehfähigkeit. Schließlich werden auch die Herz- und Atemmuskulatur in Mitleidenschaft gezogen, was die beiden Hauptursachen für einen vorzeitigen Tod sind. Die bisherige Behandlung konzentriert sich auf die Verhinderung von Kontrakturen und die medizinische Überwachung der Herz- und Atemfunktion. Besonders häufig kommen Corticoide zum Einsatz. Im Jahr 2024 kam der neue Wirkstoff Vamorolon, ein modifiziertes Corticosteroid für den Einsatz bei DMD, auf den deutschen Markt.
Mit Givinostat könnte demnächst der nächste neue Arzneistoff folgen. Laut dem EMA-Gremium soll er dann ab dem sechsten Lebensjahr bei Patienten, die gehen können, zum Einsatz kommen – in Kombination mit einer Corticoid-Behandlung. Duvyzat wird in Form einer oralen Suspension eingenommen.
Eine Hauptfolge des Dystrophinmangels bei DMD ist die deregulierte Aktivität von Histon-Deacetylasen. Dank des Wirkstoffs wird die pathologische Überaktivität dieser Proteine gebremst und damit eine weitere Kaskade von Ereignissen, die zur Muskelschädigung führen. So kann der Krankheitsverlauf zumindest verlangsamt werden. Givinostat wirkt als Inhibitor von Histon-Deacetylasen.
Die Stellungnahme des EMA-Gremiums basiert auf den Daten einer randomisierten, placebokontrollierten Studie mit 120 ambulanten DMD-Patienten im Alter von mindestens sechs Jahren unter gleichzeitiger Corticoid-Behandlung. Der primäre Endpunkt nach 18 Monaten war die Veränderung der Zeit, die benötigt wurde, um vier Treppenstufen zu überwinden (4SC), ein Instrument, das häufig zur Bewertung der motorischen Funktion verwendet wird. Die Ergebnisse waren statistisch signifikant, wobei sich die 4SC-Zeit bei den mit Givinostat behandelten Patienten (n = 79) um durchschnittlich 1,25 Sekunden verlängerte, verglichen mit 3,03 Sekunden in der Placebogruppe (n = 41).
Die häufigsten unter Givinostat beobachteten Nebenwirkungen waren Durchfall, Bauchschmerzen, Thrombozytopenie, Erbrechen, Hypertriglyceridämie und Fieber.
Abschließend muss nun die EU-Kommission entscheiden, ob sie der EMA-Empfehlung folgt und das Präparat zulässt. In den USA und Großbritannien ist die Zulassung bereits erfolgt. Duvyzat-Hersteller Italfarmaco erwartet die Entscheidung der EU-Kommission im Juli 2025 und kündigt an, eng mit den lokalen Behörden zusammenarbeiten, um im Fall der Zulassung das Präparat schnell in der EU verfügbar zu machen.