Zulassung für Marstacimab |
Hämophilie ist eine seltene erbliche Blutgerinnungsstörung. Mit Marstacimab ist ein neuer Wirkstoff zugelassen worden, von dem sowohl Hämophilie-A- als auch Hämophilie-B-Patienten profitieren. / © Adobe Stock/Denira
Marstacimab (Hympavzi® 150 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze/Fertigpen, Pfizer) ist indiziert zur Routineprophylaxe von Blutungsepisoden bei Patienten mit schwerer Hämophilie A oder B ab einem Alter von zwölf Jahren und einem Mindestkörpergewicht von 35 kg. Im Gegensatz zum noch nicht zugelassenen Concizumab dürfen keine Hemmkörper gegen Faktor VIII beziehungsweise Faktor IX vorhanden sein.
Das Präparat sollte etwa 15 bis 30 Minuten vor der Applikation aus dem Kühlschrank entnommen werden. Die empfohlene Dosis ist eine einmalige Initialdosis von 300 mg, gefolgt von 150 mg einmal wöchentlich. Dabei sollten für die Initialdosis zwei verschiedene Injektionsstellen für die Verabreichung der beiden Hympavzi-Injektionen à 150 mg gewählt werden.
Die empfohlenen Injektionsstellen sind Bauch und Oberschenkel. Nach entsprechender Einweisung kann das Präparat auch vom Patienten selbst oder einer Betreuungsperson injiziert werden. Die Verabreichung in den Oberarm (nur Fertigspritze) und in das Gesäß (nur Fertigpen) sollte hingegen nur durch eine Betreuungsperson oder medizinische Fachkraft erfolgen.
Marstacimab hat einen neuen Wirkmechanismus. Während die gängigen Therapien darauf abzielen, den jeweils fehlenden Faktor zu ersetzen, zielt der Neuling auf die Kunitz-Domäne 2 (K2) des Tissue Factor Pathway Inhibitors (TFPI) ab. TFPI spielt eine Schlüsselrolle bei der Hemmung der Gerinnung, da er als der primäre Inhibitor des extrinsischen Signalweg-Komplexes (TF-FVIIa) die Initiierung der Thrombin-Generierung reguliert.
Anti-TFPI-Antikörper wie Marstacimab und Concizumab neutralisieren die gerinnungshemmende Funktion von TFPI. So wird die Faktor-Xa-Bildung erhöht, auch wenn kein Faktor VIII oder IX vorhanden ist. In der Folge steigen Thrombin-Produktion und Gerinnungsbildung, wodurch die Mängel im intrinsischen Gerinnungsweg umgangen werden.
Die Zulassung basiert auf der Phase-III-Studie BASIS mit 116 Hämophilie-Patienten. Sie wurden zwölf Monate lang mit Marstacimab behandelt; im Vergleich zur vorherigen sechsmonatigen Beobachtungsphase, in der sie im Rahmen der üblichen Versorgung eine intravenöse Prophylaxe beziehungsweise Bedarfsbehandlung mit Faktor VIII oder Faktor IX erhielten.
In der Patientenkohorte, die in der Beobachtungsphase mit einer bedarfsorientierten Faktor-Ersatztherapie (On-Demand) behandelt wurde, zeigte Marstacimab eine statistisch signifikante Überlegenheit mit einer Verringerung der Blutungen um 92 Prozent. Die Ergebnisse zeigten auch eine Überlegenheit (p = 0,0376) von Marstacimab im Vergleich zur Prophylaxe, mit einer Reduzierung der annualisierten Blutungsrate um 35 Prozent.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Reaktionen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Bluthochdruck und Juckreiz.