Zu wenig Impfstoff verfügbar |
Christina Hohmann-Jeddi |
28.08.2024 12:30 Uhr |
Gegen Mpox gibt es einen zugelassenen Impfstoff. In den derzeit von Mpox betroffenen Ländern wie Demokratische Republik Kongo, Ruanda und Burundi ist er noch kaum verfügbar. / Foto: Adobe Stock/Margaret Johnson
Laut Africa CDC wurden seit Beginn des mehr als 20.000 Fälle von Mpox aus 13 afrikanischen Ländern gemeldet. (Stand 23. August); davon etwa 3300 labortechnisch bestätigte Erkrankungen und 17.400 Verdachtsfälle. »Wir haben eine noch nie dagewesene steigende Zahl von Fällen gesehen, insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo« sagte Professor Dr. Dimie Ogoina von der Niger Delta University in Nigeria und Mitglied des WHO International Health Regulations Committee am gestrigen Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz des Science Media Center Deutschland. Besonders stark betroffen seien bei diesem Ausbruch Kinder und schwangere Frauen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief vor Kurzem zum zweiten Mal nach 2022 einen Gesundheitsnotfall von internationaler Tragweite aufgrund von Mpox aus.
Anders als im Jahr 2022 gingen die Erkrankungen bei dem aktuellen Ausbruch nicht auf Erreger der Klade II, sondern auf eine neue Variante der Klade I des Mpox-Virus zurück. Von dieser Klade Ib wird angenommen, dass sie besser übertragbar ist und schwerere Erkrankungen verursacht. Robuste Daten dazu stünden aber noch aus, mahnte Professor Dr. Marion Koopmans, Leiterin des Instituts für Virusforschung und Direktorin des Pandemie- und Katastrophenzentrums, Erasmus-Universität Rotterdam in den Niederlanden.
Die Dunkelziffer sei vermutlich hoch, sagte Ogoina. In der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) etwa würden nur etwa 40 Prozent der Verdachtsfälle labortechnisch untersucht. Man arbeite quasi blind, so der Infektiologe. Zudem könne Mpox häufig auch mit Windpocken verwechselt werden, weshalb die Erkrankung zuhause behandelt und nicht erfasst würde. Koinfektionen seien ebenfalls ein Problem. So könnten Koinfektionen mit HIV, Syphilis und auch den Windpocken zu einem schwereren Verlauf der Mpox-Erkrankung beitragen. In einer nigerianischen Kohorte hatten 30 Prozent der Mpox- Patienten zusätzlich auch Windpocken, berichtete Ogoina. Die Rolle von Koinfektionen müsste weiter erforscht werden, gerade auch in Bezug auf Masern und Malaria, die ebenfalls in den betroffenen Ländern weit verbreitet sind.
Um den Ausbruch einzudämmen, könnten Impfungen helfen. Gegen Mpox zugelassen ist der Pockenimpfstoff Imvanex® der Firma Bavarian Nordic. Der Hersteller und die deutsche Bundesregierung haben zugesagt, Dosen des Impfstoffs an die betroffenen Länder zu spenden. Der Impfstoff werde aber nicht ausreichen, befürchtet Professor Dr. Placide Mbala-Kingebeni, Direktor des klinischen Forschungszentrums am Nationalen Institut für biomedizinische Forschung, University of Kinshasa, DR Kongo.
Der Bedarf des Kontinents liege bei etwa zehn Millionen Impfstoffdosen, zugesagt seien etwa 500.000 Dosen. »Und wir wissen nicht, wann diese 500.000 verfügbar sein werden«, so Mbala-Kingebeni. »Wir sind wirklich besorgt.« Aktuell seien neue Mpox-Fälle in Gabun aufgetreten. Es werde fast überfall Fälle geben, sagte der Epidemiologe. »Es ist nur eine Frage der Zeit.«
Nach der richtigen Impfstrategie werde noch gesucht. Um in den Mpox-Hotspots Risikogruppen wie Kinder, Schwangere und Sexarbeitende zu impfen, reiche der Impfstoff nicht aus, weshalb man eine andere Strategie wählen müsse, etwas eine Ringvakzinierung, sagte Mbala-Kingebeni. Bei dieser werden ausgehend von einem diagnostizierten Fall dessen nächste Kontaktpersonen geimpft. Diese Strategie sei bei Ebola bereits erfolgreich eingesetzt worden.
Es sei aber insgesamt schwierig, eine effektive Impfstrategie zu erarbeiten, da die Transmissionsdynamik noch nicht vollständig erforscht sei. Zudem lägen noch keine Studiendaten zur Wirksamkeit des Impfstoffs gegen Klade Ib vor. Dennoch sollte man mit Impfungen beginnen, betonte Mbala-Kingebeni. »Es ist das beste Mittel, das wir haben.«
Um den Ausbruch in Afrika einzudämmen, hat die WHO ein umfassendes Konzept beschlossen, berichtete Koopmans. Über sechs Monate solle die Kapazität für Diagnostik, Erreger-Sequenzierung und Behandlung von Patienten vor Ort gestärkt, die Forschung intensiviert und Impfprogramme gestartet werden. Nach eigenen Angaben benötigt die WHO hierfür in den kommenden sechs Monaten etwa 135 Millionen Dollar. Darin seien die Kosten für zwei Millionen Impfdosen nicht enthalten, heißt es in einem Planungspapier der UN-Organisation in Genf. Es sei wichtig, sich jetzt auf die Hotspots der Ausbrüche zu konzentrieren, sagte Koopmans. Das habe Priorität.
Laut Ogoina sei es essenziell, jetzt weltweit in die Surveillance, die Erforschung des Mpox-Virus und in präventive Maßnahmen zu investieren, damit man die Virusverbreitung in den Griff bekomme. Klade Ib sollte nicht einen weiteren globalen Ausbruch verursachen. »Das ist etwas, was wir nicht zulassen können.«