Zeitumstellung kein Risiko für das Herz |
| Annette Rößler |
| 24.10.2025 10:00 Uhr |
In der Nacht vom 25. auf den 26. Oktober wird in Deutschland die Zeit von Sommer- auf Winterzeit umgestellt. Die Uhren werden eine Stunde zurückgedreht. / © Adobe Stock/Daniel
Eine Stunde vor und wieder zurück – eigentlich ist es keine große Umstellung, die mit der Sommerzeit verbunden ist. Einige Menschen fühlen sich dadurch jedoch stark belastet, empfinden die Umstellung als sozialen Jetlag und als Leben gegen die innere Uhr, weshalb die Rufe nach einer Abschaffung der Sommerzeit nicht verstummen. In einer EU-weiten Abstimmung sprach sich vor einigen Jahren eine deutliche Mehrheit dafür aus, die Zeitumstellung aufzugeben.
Über die eher gesellschaftlich-politischen Überlegungen hinaus gibt es auch eine Debatte um mögliche negative Gesundheitsfolgen der Zeitumstellung, angestoßen durch eine Studie, deren Ergebnisse 2008 im »New England Journal of Medicine« erschienen. Darin wurde ein zwar geringfügiger, aber statistisch signifikanter Anstieg der Herzinfarktrate in den ersten Tagen nach der Umstellung auf die Sommerzeit im Frühjahr festgestellt. Die vermutete Erklärung für diesen Befund: negative Auswirkungen des Schlafentzugs auf die kardiovaskuläre Gesundheit.
Seitdem gab es immer wieder Publikationen zu dieser Thematik, zuletzt ein systematisches Review und Metaanalyse im »Deutschen Ärzteblatt« 2024. Auch in dieser Arbeit wurde eine statistisch signifikante leichte Risikoerhöhung (Anstieg um 4 Prozent) im Frühjahr festgestellt, allerdings mit der Einschränkung, dass die eingeschlossenen Studienergebnisse heterogen waren. In einer neuen Studie im »JAMA Network« wurde nun wiederum kein Anstieg des Risikos festgestellt.
Bei der aktuellen Arbeit von Forschenden um Dr. Jennifer Rymer vom Duke University Hospital in Durham, North Carolina, handelt es sich um eine Querschnittstudie mit 168.870 Personen aus der US-weiten Datenbank Chest Pain MI Registry. Erfasst wurden Patienten, die sich zwischen 2013 und 2022 in den drei Wochen rund um die Zeitumstellung in einem Krankenhaus vorgestellt hatten. Von den Teilnehmenden hatten 17,0 Prozent in der Woche der Zeitumstellung im Frühjahr einen akuten Herzinfarkt erlitten, 16,9 Prozent in der Woche davor und 16,7 Prozent in der Woche danach. Im Herbst waren in der Woche der Zeitumstellung 16,5 Prozent der Teilnehmenden von einem akuten Herzinfarkt betroffen gewesen, in der Woche davor 16,2 Prozent und in der Woche danach 16,7 Prozent. Die Patientencharakteristika der jeweiligen Zeitperioden unterschieden sich nicht voneinander.
Weder im Frühjahr noch im Herbst habe es bei der Herzinfarkt-Inzidenz in den Wochen rund um die Zeitumstellung signifikante Unterschiede gegeben, konstatieren die Autoren. Auch die klinischen Outcomes der Patienten im weiteren Verlauf unterschieden sich nicht.
Sie weisen jedoch darauf hin, dass ihre Arbeit wie alle retrospektiven Studien keine Rückschlüsse auf eine Kausalität zulasse. Eine Besonderheit war das Jahr 2020, weil hier die beobachteten Muster – höchstwahrscheinlich wegen der Covid-19-Pandemie – von denen der anderen Jahre abwichen. So stellen die Forschenden fest, dass es viele mögliche Gründe für einen Anstieg der Herzinfarktrate in einem bestimmten Zeitraum gebe, etwa eine Grippewelle oder eine Häufung anderer Atemwegserkrankungen. Die Herzinfarkte rund um die Zeitumstellung hingen also wohl nicht bloß damit zusammen.