Wurminfektion erhöht Risiko für HIV |
Sven Siebenand |
14.04.2025 11:00 Uhr |
Der Fadenwurm Wuchereria bancrofti verursacht die lymphatische Filariose. Zudem erhöht die Wurminfektion offenbar das Risiko einer HIV-Infektion. Warum das so ist, ist noch unklar. / © Adobe Stock/7activestudio
Der Fadenwurm Wuchereria bancrofti (WB) kommt vor allem in den tropischen Regionen Afrikas und Asiens vor und verursacht die lymphatische Filariose. Diese Krankheit schädigt das Lymphsystem und kann zu Lymphödemen mit erheblicher Umfangsvermehrung der Extremitäten führen.
Wie einer Pressemitteilung des Klinikums der LMU in München zu entnehmen ist, hatte vor einigen Jahren die Emini-Studie gezeigt, dass eine Infektion mit dem Wurm das Risiko für eine Ansteckung mit HI-Viren deutlich erhöht. Die Analyse der HIV-Inzidenz zwischen 2007 und 2011 hatte damals gezeigt, dass WB-infizierte Personen (1,72 Fälle pro 100 Personenjahre) im Vergleich zu WB-negativen Personen (0,69 Fälle pro 100 Personenjahre) ein mehr als doppelt so hohes Risiko hatten, sich mit HIV zu infizieren.
Zwischen 2009 und 2015 wurden im Rahmen eines Regierungsprogramms zur Elimination der lymphatischen Filariose dann Menschen in Tansania jährlich mit Antihelminthika behandelt. Im Jahr 2019 lud ein Forschungsteam Personen an einem der Emini-Studienstandorte zur Teilnahme an der Folgestudie Rhino ein. Insgesamt 1139 Studienteilnehmer im Alter von 14 bis 65 Jahren wurden auf HIV und WB getestet und entsprechend in drei Gruppen eingeteilt – WB-positiv, von WB geheilt (WB-positiv zwischen 2007 und 2011 und WB-negativ im Jahr 2019) sowie WB-negativ. In einer statistischen Analyse verglich das Forschungsteam dann die HIV-Inzidenz in den Untersuchungszeiträumen 2007 bis 2011 und 2011 bis 2019.
Das Ergebnis: In der Probandengruppe, die von WB geheilt wurde, zeigte sich im Vergleich der beiden Studienzeiträume ein Rückgang der HIV-Inzidenz um circa 60 Prozent, der auch nach Anpassung für Alter und Geschlecht statistisch signifikant war. In der Vergleichsgruppe der Personen, die in keiner der beiden Zeiträume mit dem Wurm infiziert waren, zeigte sich dagegen keine Veränderung der HIV-Inzidenz. Die Ergebnisse der Studie sind hochrangig im Fachjournal »The Lancet HIV« veröffentlicht.
Erstautorin Professor Dr. Inge Kroidl vom Tropeninstitut des LMU Klinikums schlussfolgert: »Dies bestätigt die frühere Hypothese, dass es tatsächlich der Wurm W. bancrofti ist, der einen Einfluss auf die Höhe der HIV-Inzidenz hat und dass die Bekämpfung von W. bancrofti dazu beitragen kann, die HIV-Neuinfektionsrate zu senken.«
Der ebenfalls an der Studie beteiligte Direktor des Tropeninstituts, Professor Dr. Michael Hoelscher, ergänzt: »Helminthen-Infektionen können das Risiko einer HIV-Infektion nachweislich erhöhen. Wir untersuchen weiter, welche immunologischen Prozesse diese erhöhte Anfälligkeit für eine HIV-Übertragung durch W. bancrofti erklären könnten.« Möglicherweise eröffnen sich durch die Studienergebnisse nun auch neue Möglichkeiten der HIV-Prävention in betroffenen Gebieten.