Wirtschaft & Handel
Im Mittelpunkt der 12. Apotheker-Managermenttagung der CSE GmbH
in München stand die Frage nach erfolgreichem Marketing und effektiver
Kundenansprache. Ein eigenständiges Profil und eine Abgrenzung zur neu
erwachsenden Konkurrenz (wie Discounter) im Wettbewerb um
freiverkäufliche Arzneimittel wird eine immer wichtigere Herausforderung
für Apotheker.
Ungeachtet aller Probleme könne es sich der Apotheker keinesfalls leisten, auf einen
weiteren Ausbau der Selbstmedikation in seinem Betrieb zu verzichten. Dies
unterstrich Dr. Dagmar Walluf-Blume vom Bundesverband der Pharmazeutischen
Industrie (BPI). Die Apotheker müßten in diesem Geschäftsfeld noch besser
werden. Ihr Tip: Stellen Sie Ihre Qualität in den Vordergrund und stimmen Sie
Beratung, Service sowie Sortiment besser aufeinander ab.
Themenschwerpunkte setzen
Um den Konkurrenten aus der Lebensmittelbranche wirksamer zu begegnen, müsse
die Offizin sich mit Profil und einheitlichem Erscheinungsbild mit klaren -
beispielsweise saisonal bedingten - Themenschwerpunkten nach außen präsentieren.
Dazu zählen für Walluf-Blume unter anderem die Spezialisierung auf bestimmte
Serviceleistungen mit professionell durchgeführten Aktionen.
Discounter wie Aldi oder Lidl bilden für die Referentin längst nur noch die Spitze
vom Eisberg neu erwachsender Konkurrenten: "Der Run auf den Gesundheitsmarkt
ist noch nicht zu Ende." Als bestes Beispiel dafür nannte sie das Vorhaben von BP,
Pharmatheken einzuführen. Zwar bleibe abzuwarten, ob OTC-Anteile aus dem
Apothekenmarkt wegbrechen, doch zeige sich im Moment eine rückläufige Tendenz
in allen Marktsegmenten. 3 Prozent Umsatzrückgang verzeichneten die rezeptfreien
Arzneimittel und Gesundheitsprodukte, mehr als 4 Prozent die rezeptpflichtigen
Arzneimittel, 8 Prozent die verordneten, freiverkäuflichen Arzneimittel. Deutlich zu
erkennen sei die "Bremsspur der Gesundheitspolitik", die das
Gesundheitsstrukturgesetz und die Neuordnungsgesetze hinterlassen habe. Obwohl
die Rezeptverordnungen um 11 Prozent zurückgefallen seien, zeige sich lediglich ein
leichter Zuwachs bei den OTC-Präparaten.
Bislang hat auch der stark wachsende Anteil der "neuen Alten" diese rückläufige
Tendenz noch nicht kompensiert, wie Diplomkauffrau Katharine Frings,
Meyer-Hentschel Management Consulting, aufzeigte. Bis zum Jahr 2010 werde der
Anteil der über sechzigjährigen bereits gut 25 Prozent der Gesamtbevölkerung
ausmachen. Zwei von drei sind Frings zufolge Frauen, bei den über 75jährigen sind
sogar drei Viertel weiblich.
Aber: 72 Prozent der Ruheständler seien mit ihrem Familieneinkommen zufrieden.
Frings Tip lautet: Entwickeln Sie eine "50plus-Marketingstrategie". Besonders
wichtig sei es dabei, das zum Großteil jüngere Apothekenpersonal auf die ältere
Kundschaft ein- und abzustimmen.
Pharmaceutical Care als Konzept
Provokativ stellte Professor Dr. Hartmut Derendorf, University of Florida, die
Frage: Braucht die Gesellschaft noch Apotheker? Er gab dann selbst die klare
Antwort "ja", indem er die Auswirkungen fehlender Beratung in den USA skizzierte.
So etwa liege die Todesrate durch Medikamentenmißbrauch im Land mangels
Apothekenpflicht bereits an vierter Stelle. So betrachtet, meinte Derendorf, ist
Deutschland noch eine "Insel der Glückseligen".
Der US-Professor machte sich stark für das Pharmaceutical-Care-Konzept, das
1985 in den Vereinigten Staaten eingeführt wurde und heute von mindestens jeder
zweiten Apotheke befolgt wird. Gleichzeitig plädierte er für ein Zusammenwirken
der Programme Klinische Pharmazie und Pharmaceutical Care. Zu erreichen sei
damit eine Reduzierung der Behandlungskosten und eine Optimierung der
Arzneimitteltherapie.
Angesagt: Stärkere Sozialisierung
Gesundheitspolitische Fakten und Trends aus Sicht der Apotheke zeigte der
ABDA-Geschäftsführer für den Bereich Pharmazie, Professor Dr. Rainer Braun,
auf. Die neue Regierung in Bonn ziele allgemein auf eine stärkere Sozialisierung und
auf mehr staatlichen Dirigismus ab. Somit stünden etwa die Positivliste, das
Sachleistungs- statt dem Kostenerstattungsprinzip, mehr Verordnungsvorgaben für
Ärzte, die Verankerung des Wirtschaftlichkeitsgebots und eventuell die
Aktualisierung einer Preisvergleichsliste zur Debatte.
Bei den Forderungen der Kassenspitzenverbände zeige sich unter anderem erneut
der Trend zu einer Dreiteilung des Arzneimittelmarktes, kombinierten Budgets und
verbilligten Vertriebswege. Hinter dem politischen Slogan "Strukturreform 2000"
steht für Braun die Einführung von Globalbudgets, die Stärkung der Hausarztposition
und eine Neuordnung des Arzneimittelmarktes.
PZ-Artikel von Christoph Trick, München
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