Wirtschaft & Handel
Bei der Veräußerung von privatem Grundbesitz stellt sich aufgrund einer
Besonderheit des deutschen Steuerrechts immer wieder die Frage, ob ein
gewerblicher Grundstückshandel vorliegt. Wird mit Gewinn Grundbesitz aus
dem Privatvermögen veräußert, besteht keine Steuerpflicht - abgesehen von
zwei Ausnahmen. Dies könnte sich aufgrund der neuen Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) und den Absichten der neuen Bundesregierung
ändern.
Die Veräußerung aus Privatvermögen ist bislang nur steuerpflichtig, wenn zwischen
Erwerb und Verkauf eines Grundstücks lediglich zwei Jahre liegen, es sich also um
ein Spekulationsgeschäft gemäß § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) handelt, oder
wenn sie im Rahmen des gewerblichen Grundstückshandels erfolgt.
Drei-Objekt-Grenze in Gefahr
Treten besondere Umstände bei der Veräußerung privaten Grundbesitzes hinzu,
wird von Finanzverwaltung und Rechtsprechung ein gewerblicher
Grundstückshandel angenommen und es kommt zur Steuerpflicht. Dies ist etwa der
Fall, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als drei Objekte veräußert wurden. Sind
es nur drei, wurde aus Rechtssicherheitsgründen ein solcher Tatbestand nicht
angenommen und die Veräußerung konnte steuerfrei erfolgen.
In den Drei-Objekte-Bereich werden nur Grundstücke einbezogen, die in
Veräußerungsabsicht erworben wurden. Entscheidendes Indiz hierfür ist, daß sich
das Grundstück nicht mehr als zehn Jahre im Besitz des Verkäufers befunden hat.
War es länger im Privatvermögen, kann es auch steuerfrei veräußert werden. Unter
die Drei-Objekt-Grenze fallen eindeutig Einfamilien-, Zweifamilienhäuser oder
Eigentumswohnungen. Ob dies jedoch für Mehrfamilienhäuser oder gewerblich
genutzte Gebäude gilt, war immer wieder umstritten. In Frage gestellt wurde, ob sie
lediglich ein Objekt darstellen.
Durch zwei Entscheidungen des zehnten BFH-Senats hat sich die Rechtslage
erheblich verschärft. Die Drei-Objekt-Grenze könnte dadurch erschüttert werden.
Er entschied, auch bei der Veräußerung von weniger als drei Objekten könne
gewerblicher Grundstückshandel angenommen werden, und zwar dann, wenn bei
der Errichtung von Wohnobjekten in - zumindest bedingter - Veräußerungsabsicht
die entwickelte Tätigkeit beim Verkauf dem Bild eines Bauunternehmers oder
Bauträgers entspreche. Dies sei der Fall, wenn ein Grundstück erworben, vom
Veräußerer erschlossen, bebaut und anschließend wieder an Dritte verkauft wird.
Da der zehnte Senat mit dieser Auffassung von der ständigen BFH-Rechtsprechung
abweicht, wurde der Große Senat (GrS) zur Entscheidung angerufen. Solange sie
aussteht, gilt die neue Rechtsprechung zwar nicht, sie könnte jedoch auf alle Fälle
angewendet werden, die zur Zeit noch nicht entschieden sind. Auch sollte sie
bezüglich gewerblichen Grundstückshandels schon heute beachtet werden.
Besteuerung wird zunehmen
Der zehnte Senat hat auch dieses entschieden: Die Errichtung und Veräußerung eines
Großobjekts führt unabhängig von der Drei-Objekt-Grenze zur Steuerpflicht. Im
Entscheidungsfall handelte es sich um ein Sechs-Familienhaus, das nach dem Bau in
einem Zug an einen Käufer überging. Der Beschluß fiel, obwohl bisher angenommen
wurde, mangels mehrfacher Veräußerung sei ein gewerblicher Grundstückshandel
abzulehnen.
Die Rechtsprechung des zehnten Senats zeigt eindeutig die Tendenz auf, erzielte
Gewinne durch Grundstücksverkauf vermehrt zur Besteuerung heranzuziehen. In
diesem Licht ist auch die Absicht der neuen Bundesregierung zu sehen, die
Spekulationsfrist für Geschäfte mit Grundbesitz von zwei auf zehn Jahre zu
verlängern. Dies dürfte mit der nächsten Steueränderung 1999 in die Tat umgesetzt
werden.
PZ-Artikel von Reinhard Garbe Hannover
© 1997 GOVI-Verlag
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