Hexal-Tochter vertreibt Mifegyne |
01.11.1999 00:00 Uhr |
Die bayerische Firma Femagen Arzneimittel GmbH wird von Ende November an in Deutschland, Österreich und den Niederlanden den Vertrieb der Abtreibungspille Mifegyne übernehmen. Femagen gehört zur Unternehmensgruppe der Hexal AG in Holzkirchen. Wie die "Welt am Sonntag" berichtet, wurde die GmbH eigens für den Vertrieb von Mifegyne gegründet.
Die französische Herstellerfirma Exelgyn hatte am Freitag bekannt gegeben, dass die Abtreibungspille Ende November auf den deutschen Markt kommt. Mifegyne (früher: RU 486) gilt als medikamentöse Alternative zum chirurgischen Eingriff beim Schwangerschaftsabbruch. In Frankreich ist die Pille bereits seit 1988 auf dem Markt. In Schweden und Großbritannien wurde sie im vergangenen Jahr zugelassen, in Deutschland und der Schweiz in diesem Jahr.
Die Firma Femagen verfolgt nach eigener Darstellung mit der Vermarktung der Abtreibungspille keinerlei wirtschaftliche Interessen. Der Gewinn solle vielmehr vollständig an die Stiftung "Femagen Foundation" abgeführt werden, die Konzepte zur Verhütung ungewollter Schwangerschaften entwickele. Der Preis für eine Packung Mifegyne soll 154 Mark betragen, meldet die "Welt am Sonntag".
Bereits im Vorfeld hat sich Femagen, gegen Kritik verwahrt. "Medizinischer Fortschritt muss zur Verfügung gestellt werden, das ist unsere Überzeugung", sagte die Geschäftsführerin Petra Schoettler der "Bild am Sonntag". Außerdem verfolge Femagen kein wirtschaftliches Interesse mit der Pille.
"Mifegyne ist medizinischer Fortschritt und darf den Frauen in Deutschland nicht länger vorenthalten werden. Sie haben ein Recht darauf, zwischen zwei anerkannten Methoden zu wählen", sagte Schoettler, die Vorstandsmitglied der Hexal AG ist. Mifegyne sei eine risikoarme Alternative zum chirurgischen Abbruch. Zur umstrittenen Äußerung des Kölner Kardinals Joachim Meisner, der die Abtreibungspille mit dem Auschwitz-Gas Zyklon B verglichen hatte, sagte sie: "Diese Bewertung kann ich nicht ernst nehmen. Ich bin fassungslos, dass ein Kardinal Frauen in Not Hilfe verwehrt und sie verdammt."
Nach einem Jahrzehnt heftigster politischer Diskussion in Deutschland über die
Abtreibungspille hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel im vergangenen Juli dem
Präparat die Zulassung erteilt. Zuvor hatte Exelgyn Ende Februar 1999 Zulassungsanträge
in fast allen europäischen Ländern gestellt, darunter auch in der Bundesrepublik.
Befürworter sehen in der Pille eine besonders schonende Methode des
Schwangerschaftsabbruchs. Abtreibungsgegner sprachen von einer "chemischen
Kriegsführung gegen Babys".
© 1999 GOVI-Verlag
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