Wirtschaft & Handel
Der Treuhand-Verband Deutscher Apotheker e. V. hat eine
betriebswirtschaftliche Grundlagenforschung initiiert. In diesem
Zusammenhang ist man auch dem Thema "Vorteilhaftigkeit der
Bezugswege für die Apotheke" nachgegangen. Dabei wurden die
ökonomischen Aspekte des Direktbezugs analysiert.
Sinn hat der Vergleich der Bezugswege Großhandels- und Direktbezug nur für die
Produkte, für die beide Alternativen tatsächlich gegeben sind. Das sind vor allem
abverkaufsstarke Artikel, vorrangig der Selbstmedikation und des Nebensortiments.
In manchen Apotheken ist der vom Vertreter angebotene Rabatt die wesentliche
Motivation für den Direktbezug. Jedoch werden Überlegungen zu echten
wirtschaftlichen Vorteilen oft nicht angestellt. So ist der unterschiedliche
Arbeitsaufwand der alternativen Bezugswege meist nicht transparent und wird
vernachlässigt.
Für den Direktbezug spricht:
O Rabattvorteil beim Hersteller
O kein Handelsspannenausgleich
O häufig höheres Skonto
O längere Valutierung
O Warenproben und Tüten gratis
O Sonderleistungen des Vertreters
Nachteile des Direktbezugs sind:
O Rabattvorteil auch beim Großhandel durch Sonderangebote
O Mehraufwand bei Bestellung und Bearbeitung
O längere Lagerdauer, eventuell Zwischenlager
O Verfallrisiko, Risiko der Packungsumstellung
O Müllentsorgungsprobleme
Direktbezug kontra Großhandelsbezug
Der Arbeitsablauf beim Warenbezug, also auch beim Direktbezug, gliedert sich
schematisch in Bestellung, Annahme der Lieferung, Bearbeitung der Lieferung sowie
Einlagerung der Waren und Auffüllvorgänge.
Die Bearbeitung des Direktbezugs zieht einen Mehraufwand in allen Teilbereichen
nach sich, der ökonomisch zu bewerten ist. Dem Mehraufwand beim Direktbezug ist
ein Minderaufwand beim Großhandelsbezug gegenzurechnen. Dieser resultiert
daraus, daß für alle Packungen, die direkt beim Hersteller bestellt werden, die
Beschaffung über den Großhandel entfällt. Für diese Teilbereiche wurden die
Mehrkosten beim Direktbezug ermittelt:
O Effektiver Zeitaufwand für die einzelnen Tätigkeiten: Diese Werte stammen aus
einer Untersuchung der betriebswirtschaftlichen Grundlagenforschung zur Veteilung
des Arbeitszeitaufwandes in Apotheken.
O Direkt zurechenbare Personalkosten der Mitarbeiter, die die Tätigkeiten
üblicherweise ausführen: Auch diese Daten stammen aus der obengenannten
Untersuchung.
Beispielhaft stellen wir nachfolgend für zwei typisierte Arbeitsabläufe die
Mehrkosten des Direktbezugs gegenüber dem Großhandelsbezug dar: Bestellung
per Fax und Lagerung am Abverkaufsort, daher keine Auffüllvorgänge: Mehrkosten
17 DM. Bestellung mit Vertretergespräch und Lagerung zum Teil im Übervorrat,
daher mehrmaliges Auffüllen nötig: Mehrkosten 45 DM. Die Mehrkosten müssen
durch Vorteile kompensiert werden. Ein echtes Plus beim Direktbezug ergibt sich für
die Apotheker aber erst, wenn die Rabattvorteile deutlich über dem
Bearbeitungsaufwand liegen.
Interessant ist daher die Frage: Um wieviel Prozentpunkte muß der Direktrabatt den
Großhandelsrabatt übersteigen, damit der zusätzliche Arbeitsaufwand bei einer
Direktlieferung kompensiert wird? Bei einem Auftragswert von 500 DM und
Mehrkosten von 45 DM muß der Herstellerrabatt um mindestens neun
Prozentpunkte über dem Großhandelsrabatt liegen. Diese ökonomische Berechnung
enthält allerdings keine sonstigen Vergünstigungen des Herstellers
(Dekorationsmaterial, Literatur). Zusatznutzen können eine Vorteilhaftigkeit aber
auch schon bei geringeren Auftragswerten herbeiführen. Umgekehrt sollte beim
Direktbezug bedacht werden, daß der wirtschaftliche Vorteil auch die sonstigen,
nicht rechenbaren Nachteile mindestens kompensieren muß.
Längere Lagerdauer und Valutierung
Die vorstehende Betrachtung berücksichtigt noch keine längere Lagerdauer der
Ware bei einem Direktbezug gegenüber einem Stapelauftrag beim Großhandel. Zur
abschließenden Beurteilung der Vorteilhaftigkeit dürfen aber Lagerdauer und
Valutierung nicht vernachlässigt werden. Bei längerer Lagerdauer
(Winterbevorratung) muß sich die Rabattdifferenz um die zusätzlichen Zinskosten
erhöhen, bei Valutierung ermäßigt sie sich. Wir haben diese beiden Aspekte
rechenbar gemacht.
Fazit
Ob sich ein Direktbezug lohnt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wesentliche
Einflußgrößen sind neben dem Arbeitsaufwand der Auftragswert sowie die
Zahlungsbedingungen und die Lagerdauer. Direktbezug ist also in jedem Fall günstig.
Der Direktbezug kann aber unter bestimmten Bedingungen zu einem schlechten
Geschäft werden, wenn die Apotheke dadurch bestimmte, vereinbarte Rabattstaffeln
beim Großhandel nicht erreicht. Darum sollte sich jede Apotheke auf der Basis ihrer
konkreten Gegebenheiten eine individuelle Direktbezugsstrategie festlegen.
PZ-Artikel vonUrsula Hasan-Boehme und Michael Holzki, Hannover
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