Wirtschaft & Handel
Nach drastischen Ertragseinbrüchen und schwachem Umsatzzuwachs im
Geschäftsjahr 1997/98 hofft Deutschlands größter Pharmagroßhändler, die
Phoenix Pharmahandel Aktiengesellschaft & Co., auf eine positive
Trendwende. Vorstandsvorsitzender Dr. Bernd Scheifele verwies bei
Vorlage des Jahresabschlußberichts auf eine mögliche Belebung des
Marktes durch mehr verschreibungspflichtige innovative Arzneimittel und
die Zulassung des Potenzmittels Viagra in Deutschland.
Vor allem die seit Juli 1997 geltenden neuen Zuzahlungsregelungen hätten den
Pharmamarkt in die Stagnation gedrängt. Der Gesamtumsatz der deutschen
Apotheken wuchs gegenüber dem Vorjahr kaum und lag bei 45,2 Milliarden DM
(Vorjahr 45 Milliarden). Das gedämpfte Wachstum spiegele auch das Geschäft des
Pharmagroßhandels wider, so Scheifele auf der Bilanzpressekonferenz am 15. Juli
1998 in Mannheim. Dessen Gesamtumsatz betrug 1997 insgesamt 29,1 Milliarden
DM und wuchs mit 1,36 Prozent nur gering (Vorjahr 4,66 Prozent).
Ihren Marktanteil von 28 Prozent am deutschen Großhandelsgeschäft konnte
Phoenix jedoch behaupten. Die Umsatzerlöse stiegen im Inland um rund 2 Prozent
auf 7,54 Milliarden DM. Der Umsatz des Konzerns einschließlich aller
Auslandsgesellschaften wird ohne Nennung des Ergebnisses mit 11,9 Milliarden DM
angegeben. Das entspricht einer Steigerung von 800 Millionen DM oder 7 Prozent.
Der leichten Umsatzsteigerung steht ein deutlicher Rückgang des Rohertrags um
32,1 Millionen DM gegenüber. Der Jahresüberschuß sank von 60,2 auf knapp 23
Millionen DM. Davon gehen 16 Millionen an die Kommanditisten, 7 Millionen
verbleiben in der Rücklage.
Ergebnisrückgang in Deutschland
20 bis 30 Prozent Überkapazitäten des Pharmagroßhandels durch
Niederlassungs-Neugründungen vor allem in Ostdeutschland hätten zu einem
deutlich verschärften Preiswettbewerb und erhöhten Rabatten an die Apotheken
geführt. Aus dem gestiegenen Wettbewerbsdruck resultierte laut Phoenix
branchenweit ein nachhaltiger Rohertragsrückgang, der sich auch auf das Ergebnis
des Konzerns auswirkte. Hinzu kämen die strukturellen Verschiebungen im
Pharmamarkt. Ärzte verordneten zwar mehr innovative und teurere Arzneimittel, die
Menge der verkauften Packungen ging jedoch um 3,4 Prozent zurück. Die Preise
gaben um 0,8 Prozent nach.
Die Investitionen von Phoenix galten im abgelaufenen Geschäftsjahr hauptsächlich
der Errichtung und Modernisierung von Vertriebszentren in Münster, Berlin, Leipzig
und Köln. Während das Inlandsgeschäft allgemein von einem Ergebnisrückgang
gekennzeichnet war, habe sich die Ertragsentwicklung im Ausland deutlich positiver
dargestellt, sagte Scheifele. Die konsolidierten Umsatzerlöse der
Phoenix-International-Gruppe stiegen auf 4,2 Milliarden DM (Vorjahr 3,6
Milliarden). Die Steigerung gehe vor allem auf das kräftige Marktwachstum in
Osteuropa und Italien sowie in Österreich zurück. Der Anteil am Auslandsgeschäft,
der jetzt 35 Prozent betrage, solle sich durch den Ausbau in Osteuropa auf 50
Prozent ausweiten. Bereits jetzt sei das Unternehmen Marktführer in Tschechien. In
Ungarn, Österreich, Italien und den Niederlanden belege es den zweiten Platz.
Umsatzplus durch Viagra-Effekt
Ein spürbar stärkeres Wachstum für Deutschland und die wichtigsten
Pharma-Märkte in Europa erwartet Scheifele für 1998/99 durch die Zulassung vieler
innovativer Arzneimittel. 300 Millionen DM oder einen einprozentigen Umsatzeffekt
bringe dem deutschen Pharmahandel voraussichtlich allein die für den Herbst
erwartete Zulassung des Potenzmittels Viagra. Das bisher in den USA und der
Schweiz erfolgreich vermarktete Arzneimittel sei jedoch nur ein Synonym für eine
ganze Reihe von verschreibungspflichtigen Wellness-Präparaten, etwa gegen
Haarausfall, Übergewicht oder Alter, die den Pharmamarkt beleben würden. Der
Trend zu gesundem Leben und dazu die Überalterung der Gesellschaft verschafften
dem pharmazeutischen Großhandel auch in Zukunft überdurchschnittliche
Wachstumschancen.
PZ-Artikel von Ulrike Abel-Warnek, Mannheim
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