Wirtschaft & Handel
Der Handel mit gefälschten Medikamenten hat in Brasilien größere
Ausmaße als bisher angenommen. Nach der Panne um falsche und
wirkungslose Antibabypillen des deutschen Pharmakonzerns Schering
veröffentlichte das Gesundheitsministerium in Brasilia jetzt eine Liste mit
insgesamt 61 gefälschten Arzneimitteln, die in den rund 50.000 Apotheken
des Landes verkauft werden. Darunter sind Antibiotika, Verhütungsmittel
und Zytostatika.
Der Austausch der Medikamente gegen gefälschte Präparate erfolge
höchstwahrscheinlich durch Zwischenhändler, die das Bindeglied zwischen
Pharmalabors und Apotheken sind. Mehrere tausend Beamte der neu gegründeten
Polizei-Sondereinheit sollen in den kommenden Wochen die Apotheken
kontrollieren und gefälschte Medikamente beschlagnahmen.
Aufmerksam wurden die Behörden des Landes durch den Skandal um die
gefälschten Antibabypillen Microvlar von Schering. In den vergangenen Monaten
waren in Brasilien schätzungsweise 50.000 Packungen Microvlar in den Handel
gelangt, die nur Pillen aus Weizenmehl enthielten. Mindestens vier Frauen gaben an,
nach Einnahme der Mehlpillen ungewollt schwanger geworden zu sein. Laut
Schering wurden inzwischen landesweit 900.000 Packungen eingesammelt, ohne
daß darunter noch eine gefälschte Pillenschachtel entdeckt worden wäre.
Mittlerweile hat sich Schering für die Vorwürfe gegen den brasilianischen
Gesundheitsminister Jose Serra entschuldigt, die der Konzern nach einem
Verkaufsverbot für sämtliche Produkte erhoben hatte. Zuvor hatte die brasilianische
Regierung die Behauptung zurückgewiesen, Serra benutze den Skandal um
unwirksame Antibabypillen aus politischen Motiven, weil im Oktober Wahlen seien.
Beitrag von der PZ-Redaktion
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