Wirtschaft & Handel
Neue Präparate wie das
Migränetherapeutikum Imigran und der Proteasehemmer
Epivir sind für den britischen Pharmahersteller Glaxo
Wellcome 1996 zur wichtigsten Wachstumslokomotive
geworden. Das weltweit größte Arzneimittelunternehmen
erzielte im Geschäftsjahr 1996 mehr als 2 Milliarden
Pfund (5,5 Milliarden DM) Umsatz mit seinen innovativen
Produkten.
Hauptgeschäftsführer Sir Richard Sykes
zeichnete bei Vorlage der Jahresbilanz in London ein
positives, von Optimismus getragenes Bild. "Die
guten Jahreszahlen für 1996 zeigen es eindeutig: Glaxo
Wellcome ist bestens vorbereitet, um eventuelle
Umsatzeinbußen als Folge von Patentverlusten mehr als
auszugleichen." Sorgen bereitet Sykes in erster
Linie der für Juli 1997 ins Haus stehende Patentverlust
für den H
2-Antagonisten
Zantac in Amerika, das jahrelang weltweit umsatzstärkste
ethische Arzneimittel. Glaxo Wellcome hat seine weltweite
Spitzenposition vor allem dem Erfolg dieses Produktes zu
verdanken. Freilich: 1996 sank dessen Umsatz laut Sykes
abermals zweistellig auf rund 23 Prozent Anteil des
Gesamtumsatzes. 1994 trug Zantac rund 43 Prozent des
Umsatzes bei.
Doch die neuen Produkte legen deutlich zu. Neuer Star in
der Produktpalette sei Imigran, so Sykes. Gegenüber dem
Vorjahr stieg der Umsatz um stattliche 46 Prozent auf
rund 500 Millionen Pfund. Auch die zwei neuen
Asthmatherapeutika Serevent und Flixotide legten um 50
Prozent zu. Beide Präparate liegen heute ebenfalls über
der magischen Umsatzschallmauer von 600 Millionen Pfund
jährlich.
Die Geschäftsentwicklung bei den Medikamenten zur
Behandlung von AIDS ist gleichfalls erfreulich. Wellcome
vermarktet seit rund zehn Jahren Retrovir (AZT). Trotz
Entwicklung neuer Proteasehemmer hat das Arzneimittel
laut Sykes nach wie vor einen festen Platz in der
Kombinationstherapie. Insgesamt konnte Glaxo Wellcome
seinen weltweiten Umsatz mit Anti-HIV-Präparaten 1996 im
Vergleich zum Vorjahr um mehr als 100 Prozent ausweiten.
Nach eigenen Angaben wurden erstmals in der
Firmengeschichte knapp 500 Millionen Pfund mit diesen
Präparaten umgesetzt.
Der Gesamtumsatz Glaxo Wellcomes stieg von 7,64
Milliarden auf 8,34 Milliarden Pfund. Konstante
Wechselkurse vorausgesetzt, bedeutet das einen
Umsatzzuwachs von 6 Prozent. Der Bruttogewinn stieg sogar
um 18 Prozent auf 2,96 Milliarden Pfund und die
Handelsmarge von 34 Prozent auf 38 Prozent. Für 1996
zahlt Glaxo Wellcome eine Dividende von 34 Pence.
Nordamerika ist weiterhin der wichtigste Absatzmarkt für
die Briten. Rund 44 Prozent des Umsatzes entfiel auf die
USA. Westeuropa steuerte rund 33 Prozent bei. Hier wurde
ein Plus von 5 Prozent erwirtschaftet. Außer dem
Mutterland Großbritannien ist vor allem der deutsche
Apotheken- und Krankenhausmarkt tragende Säule des
Geschäftes.
Der Blick in die Zukunft fällt für die Briten rosiger
aus als für die meisten anderen forschenden
Arzneimittelhersteller. Der Hauptgeschäftsführer
verspricht weltweite Besteller unter den neuen Produkten
aus den Forschungslaboratorien im englischen Stevenage.
So setzt er zum Beispiel große Hoffnungen auf das neue
Antibiotikum Raxar. Es sei geeignet, bei anderen
Antibiotika auftretende Resistenzen zu überwinden. Glaxo
Wellcome beantragte im November 1996 zunächst in den USA
eine Marktzulassung für Raxar.
Antibakteriell wirksame Arzneimittel steuerten 1996 rund
1 Milliarde Pfund zum Gesamtumsatz des Unternehmens bei.
Der Anteil dürfte sich in den kommenden Jahren noch
weiter erhöhen. Neue Präparate sind laut Sykes auch in
den Therapiebereichen Hepatitis, Influenza und Diabetes
zu erwarten. 1996 wurden weltweit 20 neue Produkte aus
dem Hause Glaxo Wellcome zugelassen.
PZ-Artikel von Arndt Striegler, London
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