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Elektroschock für Apotheker beim Autokauf

12.10.1998  00:00 Uhr

- Wirtschaft & Handel

Govi-Verlag

Elektroschock für Apotheker beim Autokauf

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Sollte man meinen. Doch leider bleibt der Dritte bei einer recht unangenehmen Streiterei zwischen zwei Unternehmen, beide Aussteller auf der Expopharm in München, auf der Strecke. Der Dritte ist - wie zu erwarten war - der Kunde, zugleich in vielen Fällen Apotheker.

Zum Hintergrund: Es geht um den Marktführer bei Elektrofahrzeugen, den sogenannten City-el. Die Produktion des putzigen Fahrzeugs wurde nach dem Konkurs des dänischen Unternehmens City Com nach Deutschland verlegt. Aufgekauft wurden die Rechte vom Unternehmer Karl Nestmeier aus Aub bei Würzburg. Der führte den Unternehmensnamen fort und verkaufte - nach eigenen Angaben - seit 1996 rund 500 Fahrzeuge. Insgesamt wurden seit Produktionstart in Dänemark rund 5.000 Elektrofahrzeuge vom Typ City-el ausgeliefert. Abnehmer sind neben öffentlichen Institutionen und Verbänden auch Apotheken. Nicht zuletzt aus diesem Grund präsentierte die City Com Elektromobile GmbH ihre Fahrzeuge auch auf der Expopharm in München.

Den Vertrieb der Fahrzeuge übernahm vor knapp zwei Jahren das Freiburger Unternehmen Figura. Doch zuletzt kam es zwischen den beiden Firmen zu anscheinend erheblichen Differenzen. In einem Schreiben vom 30. September 1998 kündigt City Com die Zusammenarbeit mit der Figura Handels GmbH fristlos auf. In dem Brief ist auch von einem desolaten "Bild Ihrer Vermögenssituation" die Rede: "Wir müssen befürchten, daß ausgelieferte Fahrzeuge nicht mehr bezahlt und sämtliche laufenden Bestellungen notleidend werden." Besonders schwerwiegend sei die Tatsache, "daß Figura nachweislich stetig Kundenanzahlungen von Apothekern bei Vertragsabschluß vereinnahmt, verbunden mit der Begründung, es müsse zur Auslösung der Bestellung beim Lieferanten sofort eine Anzahlung an diesen weitergereicht werden, tatsächlich jedoch die empfangenen Anzahlungen nicht an City Com weiterleitet, geschweige denn dort unverzüglich eine entsprechende Bestellung auslöst".

Beide Unternehmen haben mittlerweile Anwälte eingeschaltet. Diese haben ihre Arbeit bereits aufgenommen. Auf eine Anfrage der PZ bei der Figura Handels GmbH erreichte die Redaktion am 6. Oktober 1998 ein Schreiben einer Freiburger Anwaltskanzlei. Demnach sei es "unrichtig, daß die Firma Figura Handels GmbH geschuldete Anzahlungen bei Bestellung nicht geleistet hat, und daher die Lieferung von Fahrzeugen unterblieben ist". Es sei unzutreffend, daß die Figura Handels GmbH Anzahlungen von Apothekern entgegennehme, welche zweckwidrig verwendet würden.

In einem Telefonat mit der PZ hatte Figura-Vertriebsleiter Joachim Busch am 5. Oktober 1998 betont, daß die Anzahlungen der Apotheken "verwaltet" würden. Zudem habe man bereits einigen Apothekern angeboten, "die Anzahlung mit zehn Prozent zu verzinsen". Laut Busch sei das Angebot von den Apothekern positiv aufgenommen worden.

Figura wirft im Gegenzug City Com vor, die ausgelieferten Fahrzeuge wiesen zahlreiche Mängel auf, zudem gebe es keinen Service. Wasser auf die Mühlen der auf Elektrofahrzeuge spezialisierten elektro-auto-service Berlin (eas). In einer großformatigen Anzeige in der Fachzeitschrift MobilE wirbt das Unternehmen für "Die Rettungsaktion für Ihre City-Els". Klaus Ebert und seine Kollegen aus der Hauptstadt kennen die Mängel und Tücken von Elektrofahrzeugen. Ebert: "Wir haben wegen der unglaublich vielen Anfragen bereits einen eigenen bundesweiten Hol- und Bringdienst eingerichtet."

Nach Meinung des Fachmannes, der selber in Dänemark an der Entwicklung des Fahrzeuges beteiligt war, könnten die Probleme vielleicht schon bei der Fertigung entstehen. "Aber manchmal müssen die neuen Besitzer einfach nur besser über ihr Fahrzeug aufgeklärt werden."

Fakt ist: Mindestens 30, aber wahrscheinlich noch sehr viel mehr Apotheken warten zum Teil seit Monaten auf ihre Fahrzeuge. Die meisten haben Anzahlungen geleistet, teilweise bis zu 5.800 DM. Ob die bestellten Fahrzeuge überhaupt ausgeliefert werden, steht in den Sternen.

Nestmeier sprach auf der Expopharm gegenüber der PZ von geleisteten beziehungsweise ausstehenden Zahlungen von über 300.000 Mark. Eine Summe, die Figura-Geschäftsführerin Ingeborg Enders telefonisch bestritt.

Grundsatzproblem ist, daß Figura Vertragspartnerin der Apotheker und Figura wiederum Vertragspartner bei City Com ist - eine klassische Zwickmühle für den Kunden. Einigen sich die Unternehmen also nicht auf eine weitere Zusammenarbeit und/oder auf eine Auslieferung zumindestens der vorliegenden Bestellungen sowie eine ordnungsgemäße Reparatur der bereits ausgelieferten Fahrzeuge, bleiben die Apotheker auf der Strecke.

PZ-Glosse

Elektroschock

Wiederbelebung auf Raten? Elektroschock gefällig? Bei manchen Verträgen steht der Kunde leider am Ende der Nahrungskette. Oder am Anfang? Fressen und gefressen werden - in Zeiten des wohldosierten Neoliberalismus ein normaler Vorgang. Umweltschutz hin oder her: Batterie Feuer! Auch wenn der lustige, bunte Wagen liegen-, der Strom weg- und der Apotheker auf der Strecke bleibt. Diagnose: Elektroschock auf Raten. Operation gelungen, Patient tot.

PZ-Artikel von Thomas Bellartz, München

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